"Boys' Day" im Klinikum Schwabing: Jungs, hier seid ihr gern sehen!
München - Als der orangerote Dekontaminationsanzug sich langsam aufbläht und Marcel (13) nicht mehr bei jeder ungelenken Bewegung raschelt und knistert, sondern erhaben im Anzug steht wie ein Raumfahrer, da sind dann wirklich alle aufmerksam.
Es ist Boys’ Day – Jungen-Zukunftstag – und die Schüler zwischen 13 und 15 Jahren aller Schulen sollen Berufe kennenlernen, an die sie vielleicht noch nie gedacht haben.
Da geht es vor allem um den sozialen, erzieherischen oder pflegerischen Bereich. Dort werden viele Nachwuchskräfte gebraucht und Männer sind in der Regel sehr willkommen – so auch am Städtischen Klinikum für die Arbeit mit Patientinnen und Patienten.
Darum haben 13 Schüler gestern im Klinikum Schwabing mal reingeschnuppert in den Beruf. Naturgemäß finden nicht alle die Erläuterungen zur Wirkungsweise von Antibiotika und Handgriffen für eine Infusion gleich spannend.

Auf der Sonderisolierstation liegt immerhin ein Dummy-Patient im Bett. Foto: Petra Schramek
Ein Besucher erzählt direkt, er wolle gern Krankenpfleger werden
Sie hören natürlich alle höflich zu, als Pflege-Bereichsleiter Sebastian Huber erklärt und zeigt – aber Emil (13) beispielsweise weiß jetzt schon, dass er nicht in einem Krankenhaus arbeiten will. Was er sich stattdessen als Job vorstellt? "Einzelhandelskaufmann."
Henry (13) dagegen widmet sich dem Fläschchen mit Kochsalzlösung und dem Infusionsschlauch auf dem Tisch vor sich mit beinahe rührendem Ernst. "Ich würde später sehr gern mit Kindern oder älteren Menschen arbeiten", sagt der Schüler. "Krankenpfleger oder Kindergärtner fänd ich schon gut."
Etwa 30 Prozent des Pflegepersonals im Klinikum sind Männer. "Ein gut gemischtes Team ist sehr wichtig", sagt Pfleger Sebastian Huber. "Aber ob Frau oder Mann macht für die Arbeit eigentlich keinen Unterschied."
Dass einer der Jungs auf Besuch beispielsweise sagt, er wolle lieber Ingenieur werden, sieht Huber gelassen: Er hat auch erst eine Ausbildung zum Elektroniker gemacht.
"Dann hatte ein Freund einen Autounfall, ich habe ihn öfter hier im Krankenhaus besucht – und gemerkt: Ich will lieber in die Krankenpflege. Die Menschen sind so dankbar, wenn man ihnen hilft, sie aufklärt, unterstützt und fördert."

Enim nimmt Abdurauf Blut ab – Pfleger Sebastian Huber beaufsichtigt. Foto: Petra Schramek
"Ich will nicht das Leben eines Menschen riskieren"
Und dann dürfen die Besucher ja eben auch noch auf die Intensivstation und die Sonderisolierstation – wo grellfarbige Schutzanzüge, die Dekontaminationsdusche mit Formaldehyd und Erzählungen von Ebola und Lungenpest mehr Action versprechen für pubertierende Herzen und Hirne.
"Ich halte den Rekord dafür, so schnell wie möglich in den Notanzug zu kommen", erzählt Markus Tatusch, Infektionskoordinator und Pfleger auf der Isolationsstation. Innerhalb von 36 Sekunden hat er es nach eigenen Angaben schon geschafft an einem Trainingstag.
Bei Marcel hat’s deutlich länger gedauert, aber dafür lacht Tatusch wahrscheinlich inzwischen nicht mehr jedes Mal begeistert, wenn er damit bekleidet wie ein kleines Marshmallow-Männchen im Raum steht.
Den Job möchte Marcel aber auf keinen Fall machen. Sehr ernsthaft sagt er: "Der Anzug hat Spaß gemacht. Aber ich könnte nicht pflegen, das weiß ich jetzt schon. Ich kann mich manchmal nicht gut konzentrieren und will nicht das Leben eines Menschen riskieren."
Heuer, sagt Wolfgang Lau, Pflege-Ausbilder im Klinikum, seien besonders interessierte Jungs da. "Einer von ihnen hat sogar schon versucht, hier einen Praktikumsplatz zu bekommen!" Allen, die am Boys’ Day da waren, sichert er einen Platz zu. Sie sind hier gern gesehen.
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