Bombe in Schwabing: "Keine Hilfe von der Stadt"
Im AZ-Café im Ringelnatz geht’s um die Bombe in Schwabing. Ein Sprengmeister erklärt, warum seine Kollegen alles richtig gemacht haben. Und ein Betroffener erhebt schwere Vorwürfe
München - Ein blaugrauer Van fährt vor dem Café Ringelnatz vor – „Kampfmittelräumdienst“ steht darauf. Nein, im AZ-Café wurde keine neue Bombe gefunden. Es ging um die alte Schwabinger Bombe von Ende August.
Sprengmeister Heinrich Scho aus Inchenhofen bei Augsburg stellte sich den Fragen der AZ-Leser. Fast hätte er die Bombe selbst entschärft – aber er konnte nicht kommen, weil er damals bei einem anderen Einsatz in Klosterlechfeld war. „Ich habe schon mal eine Bombe mit Langzeitzünder gehabt“, sagt er. „Die sind extrem gefährlich. Ein Himmelfahrtskommando. Man arbeitet gegen die Zeit. Das Ding kann jederzeit detonieren.“
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Was fast alle im Publikum wissen wollten: Warum wurde Stroh zur Dämmung genommen? Warum nicht Sand oder Kies? Warum wurde das Stroh nicht gewässert? „Stroh zu wässern dauert viel zu lange“, sagt Scho. „Dann wäre das Erdreich aufgeweicht, außerdem ist Wasser ein guter Überträger von Druckwellen. Kies ist sogar gefährlich, die kleinen Steine werden durch die Wucht der Detonation richtige Geschosse.“ Um so große Mengen Sand anzubringen, sei die Zeit zu knapp und die Straßen in Altschwabing zu eng gewesen. Sein Fazit: „Meine Kollegen haben alles richtig gemacht.“
AZ-Leser Horst Engler-Hamm meldet sich zu Wort: „Wir haben in unserem Haus in der Marktstraße 1 einen Schaden von über einer Million. Warum hat uns niemand gesagt, dass wir Fenster und Türen öffnen sollen? Dann wären vielleicht nur 60 Prozent der Schäden entstanden.“ Das kann auch Sprengmeister Scho nicht erklären: „Im Krieg hat man Fenster und Türen auch geöffnet, dann gingen die Druckwellen durch. Wenn die Feuerwehr das aber über den Kopf des Sprengmeisters im Einzelfall anders entscheidet, dann muss das die Feuerwehr auf ihre Kappe nehmen. Das war offenbar ein bisschen schlecht koordiniert.“
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Bei diesen Worten schaut Ronny Kleiner verbittert. Seine Boutique „Bliss“ ist direkt neben dem Bombenloch und komplett ausgebrannt. „Ich habe seit der Bombe schon rund 20.000 Euro in die Hand nehmen müssen, nur um alle meine Schäden zu belegen.“
So schätzen Experten den Schaden ein
„Wir versuchen, schnell zu begleichen“, sagt Wolfgang Fuchs von der Versicherungskammer Bayern. Er rechnet mit Gesamtschäden von 3,5 Millionen Euro. Die gezahlten Schäden will die Versicherungskammer wieder reinholen: „Wir prüfen gerade, wen wir dafür in Regress nehmen können“, sagt Fuchs. „Stadt und Freistaat wollen aber nicht zahlen.“
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Ronny Kleiner hofft, seine Boutique im Frühjahr 2013 wieder eröffnen zu können. Auch gesundheitlich geht es ihm schlecht: „Ich schlafe kaum, habe Hautprobleme. Ich bin vor allem persönlich enttäuscht von Christian Ude. Ich habe immer gedacht, er ist ein herzlicher Mensch. Aber von der Stadt kommt null Unterstützung, gar nichts.“ Man habe ihm nur eine Telefonnummer gegeben, und da sei er in der Warteschleife für Hartz-IV-Empfänger gelandet. „Ich muss jetzt auf dem Klageweg gegen die Stadt vorgehen. Noch nicht mal zu einem Gespräch mit meinem Anwalt war die Stadt bereit. Das ist doch traurig!“