BMW-Studie zur Mobilität in München: Erstaunliches Ergebnis veröffentlicht
München - Täglicher Stau, ein gehässiges Gegeneinander zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern, ein riesiges Pendleraufkommen und die ewige, nervige Parkplatzsuche vor der eigenen Haustür, wenn man eigentlich nur noch den Feierabend genießen möchte: Es gibt viele Gründe, die Verkehrssituation in der Metropole München zu kritisieren. Um sie aber auch zu verbessern, muss man sich erstmal genauer anschauen, wo denn die Probleme konkret liegen.
In einer neuartig gestalteten Studie hat BMW in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in München (und drei anderen Weltstädten Peking, Los Angeles und Rotterdam) getan, und zwar bereits 2020. Glücklicherweise gerade noch vor der Corona-Pandemie, die unser aller Mobilitätsverhalten komplett auf den Kopf gestellt hat.
BMW-Studie: Ein Drittel der Münchner bräuchte kein Auto
In der Öffentlichkeit wurde von dieser Studie und ihren sehr überraschenden Resultaten bisher kaum Notiz genommen. Dabei wurden die Schlüsse, die daraus gezogen wurden, bereits in einem Reallabor im Dreimühlenviertel getestet.
Die Studie hat das Mobilitätsverhalten der Münchner über eine ganze Woche analysiert, nicht wie sonst oft üblich nur an einem Wochentag. Das sogenannte "Mobilitätsskelett" zeigt, wie komplex die Münchner sich bewegen, je nachdem welchen Bedürfnissen sie gerade nachgehen, im Alltag oder im Fernverkehr. Und sie zeigt auch: Wie die Münchner sich bewegen, ist bei weitem nicht immer von rationalen Überlegungen gesteuert.

Besonders spannend ist die Analyse der gewonnenen Daten der Münchner, die ein Auto besitzen. Die wichtigste und auch erstaunlichste Erkenntnis: Ein Drittel der Münchner, die ein Auto besitzen, bräuchte es eigentlich nicht.
Die Studie hat die Daten nach der Abhängigkeit vom Auto sortiert, sowohl subjektiv als auch objektiv. Richtig überzeugte Autonutzer sind rund 27 Prozent der Besitzer, also solche, die es im Alltag sehr viel nutzen und das auch sehr gerne tun – sozusagen die Kern-Klientel von BMW. Das sind auch die, die am meisten davon profitieren würden, wenn es in der Stadt weniger Autos gäbe, also nur die sie fahren würden, die sie auch wirklich brauchen.
Ergebnis der BMW-Studie: "Eigenes Fahrzeug bleibt unverzichtbarer Teil der Mobilität"
Oder anders gesagt, aus Sicht von BMW: "Das eigene Fahrzeug bleibt ein unverzichtbarer Teil der Mobilität für viele Menschen, es geht aber auch darum, die unterschiedlichen Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in einer lebenswerten Stadt zu verstehen und diese zu erfüllen", sagt Frank Hansen, Strategiereferent Nachhaltige Mobilität bei der BMW Group.
Für München konkret heruntergebrochen: Könnte man das Drittel der Münchner, das eigentlich kein Auto braucht, dazu bewegen, es zu verkaufen und andere Verkehrsmittel zu nutzen, gäbe es genug Platz für die, die das Auto auch wirklich brauchen. Und für die anderen, also Radfahrer und Fußgänger zum Beispiel.
Wie die Erkenntnisse aus dieser Studie im echten Leben aussehen könnten, hat BMW gemeinsam mit dem Mobilitätsreferat der Stadt München und dem bayerischen Verkehrsministerium während der IAA im Dreimühlenviertel getestet. Das ganze fand als Projekt der Vereinigung "Mobile Zukunft München" (MZM) statt. Im November hat sich diese Vereinigung gegründet, mit dabei sind der Freistaat, die Landkreise und die Stadt München gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft (BMW, MAN, Siemens und IHK), Wissenschaft und dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV).

Test im Dreimühlenviertel in München: Sicherer Parkplatz statt Suchverkehr
Das "Bestandsquartier der Zukunft" wurde das genannt und sollte ganz konkret zeigen, wie das aussehen könnte, ohne aber dabei die Viertelbewohner auf der Strecke zu lassen. Anwohner und Gewerbe konnten nämlich im Vorfeld in mehreren Workshops ihre Wünsche und Bedürfnisse mitteilen, ohne dass schon etwas feststand. Das Ziel: "Die Mobilitätsangebote an den Bedürfnissen der Menschen auszurichten und zu verbessern und gleichzeitig die Lebensqualität zu steigern", so Hansen.
Es wurde im Viertel mehr Platz geschaffen für Fußgänger und Rad. Es wurden, wie auch von ähnlichen Projekten bekannt, Parkplätze umgenutzt als Blumengärten oder Mobilitätspunkte eingerichtet, wo man zum Beispiel Carsharing-Autos oder Lastenräder ausleihen konnte.
Beliebter Test: Fester Parkplatz statt Suchverkehr im Viertel
Und, vor allem für Autofahrer wichtig, die darauf angewiesen sind: Es wurden elf fest vergebene Parkplätze auf dem Lidl-Parkplatz in der Dreimühlenstraße an Anwohner vergeben. Als Alternativangebot für die weggefallenen Parkplätze. Damit wollte BMW auch herausfinden, ob sich am Verhalten der Autofahrer etwas ändern ließe: Ob sie also dazu bereit wären, nicht direkt vor der Haustür zu parken, dafür mit garantiertem Parkplatz. Anstatt wie jetzt mit der günstigen Anwohnerparkkarte jeden Abend im Viertel ewig nach einem Parkplatz zu suchen.
Das Angebot wurde laut BWM sehr gerne angenommen, die angebotenen fixen Plätze waren im Nu weg. Zumindest die Studie und der Versuch von BMW im Dreimühlenviertel zeigen: Mit weniger Autos und neu verteiltem Platz könnten Münchner Viertel ganz anders aussehen: Grüner, offener und mit mehr Platz für alle.