Blutspur durch die Stadt: Schweizer Schläger vor Gericht

Am Montag (9.30 Uhr) beginnt der Prozess gegen die drei Schweizer Schläger, die in der Innenstadt fünf Menschen wahllos verprügelt und schwer verletzt haben – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
MÜNCHEN „Er leidet bis heute an den Folgen.“ Anwältin Gabriele Schöch vertritt einen behinderten Mann (43), der von den Jugendlichen geschlagen und getreten wurde. Ohr und Kopf schmerzen noch von den Schlägen, nach Einbruch der Dunkelheit traut er sich nicht mehr in den Nußbaumpark.
Die drei Schweizer Schüler, die in den späten Abendstunden des 30.Juni 2009 fünf Menschen schwer verletzt haben, stehen ab Montag vor Gericht. Die Anklage lautet: versuchter Mord. Die AZ dokumentiert die Spur der Gewalt.
Mike B. (16) und seine gleichaltrigen Freunde Ivan Z. und Benji D. sind auf Klassenabschlussfahrt in München. Sie besuchen nach neun Jahren Volksschule eine Berufswahlschule in Küsnacht am Zürichsee. Mit Mitschülern wohnen sie im Jugendgästehaus CVJM in der Landwehrstraße. Vor der Tat kaufen sie am Hauptbahnhof Alkohol und Marihuana. Angetrunken ziehen sie los, planen zu prügeln. Ihr Motiv laut Anklage: „Sie wollten ein bisschen Spaß haben“.
Tatort 1: Der Nußbaumpark hinter der Matthäuskirche. Gegen 23.30 Uhr treffen sie dort auf drei arbeitslose Mazedonier im Alter von 43, 55 und 64 Jahren. „Plötzlich ging der Haupttäter Mike B. mit Fäusten auf die Männer los“, berichtet Markus Kraus, Chef der Münchner Mordkommission. Mike B. ist nicht zu bremsen. Iwan Z. und Benji D. machen mit. Mit Faustschlägen und Fußtritten gehen sie auf ihre Opfer los. Sie treten auch gegen die Köpfe. Dass ein Opfer behindert ist, hält sie nicht ab. Zwei Männer werden schwer verletzt. Das brutale Trio zieht weiter.
Tatort 2: Gegen 23.45 Uhr kommen sie am ADAC-Gebäude am Sendlinger-Tor-Platz vorbei. Zufällig treffen die Schüler auf den Versicherungskaufmann Wolfgang O. (45) aus dem Rheinland. Der Mann kommt von einem Geschäftsessen. Ohne ein Wort zu wechseln, fallen sie über ihn her, schlagen ihn zu Boden, treten ihm ins Gesicht. Er wird im Prozess als Nebenkläger auftreten und hat so mit seinem Anwalt Einfluss auf das Verfahren. Wolfgang O. fordert 100000 Euro Schmerzensgeld.
Tatort 3: Die Gruppe zieht weiter die Sonnenstraße entlang. Vor dem Fotogeschäft Sauter schlagen sie einen körperbehinderten Studenten (27) bewusstlos. Als der Student bereits am Boden liegt, treten sie mit voller Wucht gegen seinen Kopf – wie beim Fußballspiel. Nur durch Glück überlebt das Opfer.
Die Festnahme: Die Schläger werden in ihrer Unterkunft in der Landwehrstraße festgenommen. Bluttests ergaben, dass die drei 0,01 bis 0,89 Promille im Blut hatten. Haupttäter Mike B. bei den ersten Vernehmungen: „Ich hatte Frust, weil ich meinen Geldbeutel verloren hatte.“
Der Prozess: Er findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. 34 Zeugen und neun Sachverständige werden gehört. Am 7. April fällt wohl das Urteil.
T. Huber/J. Schneider