Bison-Herde wird zwangsgeräumt

Die Büffel-Herde lebt auf einem elf Hektar großen Feld, das der Gemeinde Neufahrn gehört. Jetzt sollen die Viecher weichen. Ihr Besitzer ist verzweifelt.
Freising - Bei Freising wölbt sich ein Hügel aus der Landschaft, der wirkt, als wäre er einem Tolkin-Roman entnommen. Wild verwuchert, verwitterte Betonverschläge, ein hoher Zaun. Nur mit einem Geländewagen sind die Wege zu bewältigen. Ein Ort, den Aliens für ihre Ufo-Landung wählen würden. In der Realität trottet hier eine kleine Bisonherde zwischen den Bäumen umher, 30 bis 35 Tiere. Und die müssen jetzt weg. Um das Grundstück tobt ein erbitterter Streit.
Josef Wiesheu lebt für die Bisons, und er lebt von ihnen. Auf dem elf Hektar großen ehemaligen Militärgelände stehen die jungen Bullen, die bald geschlachtet werden. Schießt er einen – er tut das selbst –, trennt er den Bullen von der Herde. Laut Vorgabe muss das getötete Tier dann innerhalb einer Viertelstunde im Schlachthaus sein, und von hier aus ist das für Josef Wiesheu zu bewerkstelligen.
Den Grund hatte Wiesheu von der Gemeinde Neufahrn gepachtet. Gern hätte er ihn gekauft, als der Bund ihn vor zwölf Jahren veräußerte, aber die Gemeinde bekam den Zuschlag. „Sie haben es mir weggeschnappt“, sagt Wiesheu. Mittlerweile ist sein Pachtvertrag gekündigt, ordnungsgemäß. „Die Bullen sollen jetzt zwangsgeräumt werden“, sagt Wiesheu. „Ich weiß nicht, wohin. Das bedroht nicht nur meine Existenz, da hängen auch acht Arbeitsplätze dran.“
Neufahrns Bürgermeister Rainer Schneider sieht sich freilich im Recht. „Herr Wiesheu wusste von Anfang an Bescheid“, sagt er. „Er hat sich nicht um Ersatz gekümmert. Was er jetzt tut, ist kalte Enteignung – wenn wir als Gemeinde das täten, die Presse würde sich auf uns stürzen.“
Natürlich hätte er ständig gesucht, Anzeigen geschaltet, sagt Wiesheu. „Herr Schneider soll mir nur ein einziges Grundstück in den letzten 20 Jahren nennen, das zu haben gewesen wäre“, sagt er. „ich würde mich sehr grämen, wenn ich da etwas versäumt hätte.“ Aber es geht um eine Herde Bisonbullen. Die sind nicht so leicht unterzubringen. Erst recht nicht eine Viertelstunde vom Schlachthaus entfernt. „Ich würde ja auch tauschen, Neufahrn ein anderes Grundstück zur Verfügung stellen“, sagt er. „Ich würde mich gern einigen, mich stresst dieses Streiten nur“, sagt Wiesheu.
Aber die Gemeinde will das Gelände der Allgemeinheit zurückführen – als Ausgleichsfläche für geplante Wohn- und Gewerbebauten an anderer Stelle. Dazu darf die Fläche nicht landwirtschaftlich genutzt werden und muss begehbar sein. Und damit bisonfrei. In den alten Betonverschlägen sollen die Neufahrner Vereine ihre Gerätschaften unterbringen dürfen. In erster Instanz hat das Gericht der Gemeinde recht gegeben, im Dezember landet der Fall vor dem Oberlandesgericht. „Wir haben uns fair verhalten, und es ist bedauerlich, aber wir haben ein vollstreckbares Urteil“, sagt Schneider.
Der Gerichtsvollzieher war schon bei den Bisons – die Zwangsräumung soll eingeleitet werden. Wiesheu soll einen Fahrplan erstellen, wie es weitergehen soll. „Ob dann ein Jäger kommt, wenn er das nicht tut, oder was dann passiert, kann ich nicht sagen, das liegt nicht in unseren Händen“, sagt der Bürgermeister.
Josef Wiesheu hofft jetzt auf das Oberlandesgericht. So leicht kann man ihm die Bisons nicht nehmen, er hat das Veterinäramt auf seiner Seite. „Wenn der Richter sieht, dass man mir mit dem Grundstück meine Existenzgrundlage nimmt, wird er vielleicht anders entscheiden und auf einen Kompromiss drängen“, sagt er.
Wiesheu will sich mit allen Möglichkeiten wehren. „Ohne dieses Grundstück habe ich keine Chance, weiterzumachen.