Bis zu 450 Wohnungen - in der Nachbarschaft zu Google und Apple

Petition gegen den Verkauf des Justizzentrums hat Erfolg. Bisher haben mehr als 8200 Münchner unterschrieben. Sie fordern bezahlbare Wohnungen und einen kommerzarmen Ort - als Gegenpol zur Nachbarschaft mit Google und Apple 
Eva von Steinburg
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Ideen-Sammlung vor dem
Justizgebäude in der Nymphenburger Straße bei einem Protest Mitte September.
Ideen-Sammlung vor dem Justizgebäude in der Nymphenburger Straße bei einem Protest Mitte September. © Astrid Schmidhuber

Mehr als 8200 Unterschriften aus München - dazu 1000 deutschlandweit - zählte die Petition "Wohnraum statt Rendite - Verkauf des Justizzentrums stoppen" am Montag. An jenem 6. Oktober endete die Unterschriftensammlung von Münchner Forum, Mieterverein und Initiativen wie "Abbrechenabbrechen", Ausspekuliert, Green City und vielen mehr.

Jede Idee ist besser als ein Luxusbunker

Viele Münchner sind dagegen, dass der Freistaat Bayern – wie mit Apple passiert – erneut ein „Filetstück in bester Lage“ verkauft, so der Mieterverein München. Die geforderte Alternative ist, dass der Freistaat das Grundstück in der Nymphenburger Straße an Genossenschaften oder eine gemeinwohlorientierte Initiative gibt, zum Beispiel in Erbpacht.

Bis zum 6. Oktober konnte man daher bei einer Unterschriftensammlung unterschreiben, die vom Mieterverein München mit dem Münchner Forum gestartet worden war. 6400 sind nötig gewesen. Mehr als 8200 Münchner haben unterschrieben. Nun muss der Verkauf im Bayerischen Landtag behandelt werden. Schon Montagmorgen waren die Initiatoren zu einem Runden Tisch im Bayerischen Landtag eingeladen.

Mit Parkettboden und viel Licht. So könnte eine bezahlbare Wohnung im Justizzentrum aussehen.
Mit Parkettboden und viel Licht. So könnte eine bezahlbare Wohnung im Justizzentrum aussehen. © Maximilian Jost

121 Menschen zeigen ihre Ideen

2026 zieht die Justiz aus. Münchner sehen das schlummernde Potenzial des alten Justizzentrums von 1977, gebaut im Stil des Brutalismus.
121 Ideen und Visionen als Video oder Visualisierung haben die Initiatoren bereits gesammelt.

Statt Bürozellen, Wohnungen mit Parkett und Loggia

Mit Parkettboden, Schiebetüren und vor jeder Wohnung eine moderne gläserne Loggia in Grün: Als Architekturstudent der TU München hat etwa Maximilian Jost moderne Wohnungen in dem neunstöckigen massiven Bau entworfen.

„Nach dem Entfernen der nichttragenden Wände, zwischen den zellenartigen Büros von Staatsanwälten und Richtern, könnten hier schöne und bezahlbare Wohnungen hineingebaut werden“, heißt es aus dem Kreis der Initiative "Abbrechenabbrechen". „In den beiden Büroetagen oben könnten so 350 bis 450 Wohnungen entstehen“, sagt Jan Fries (37), Stadtplaner und Sprecher der Initiative "Abbrechenabbrechen".

Vorschlag: ein Kulturpalast im alten Justizgebäude mit Bibliothek, Konzertsälen, aber auch Kindergarten und Supermarkt. In den oberen Etagen soll bezahlbares Wohnen sein.
Vorschlag: ein Kulturpalast im alten Justizgebäude mit Bibliothek, Konzertsälen, aber auch Kindergarten und Supermarkt. In den oberen Etagen soll bezahlbares Wohnen sein. © Astrid Schmidhuber/Mieterverein

Der 37-Jährige ist überzeugt davon, dass im Sockel des massigen Gebäudes gemeinwohlorientierte Initiativen locker Platz finden: Stadtbibliothek, Jugendzentrum, Kindergarten, Supermarkt, ein Ort zum Skaten. „Hervorzuheben ist die Idee des Kulturpalast St. Benno, in dem auch Platz für Konzerträume ist“, sagt Fries.

Persönlich gefällt ihm der originelle Vorschlag vom „Haus der Gerichte“: Gemüse- und Kräuteranbau in der „wahnsinnig großen dreigeschossigen Tiefgarage“, so Fries. Denn beim „Urban Farming“ im technischen Ökosystem brauche es kein Tageslicht.

Die Tiefgarage hätte Platz für Band-Übungsräume

„Die Tiefgarage ist so riesig, dass dort auch noch Übungsräume für Bands sein könnten“, meint er, „Denn unter Platzmangel leidet dieses Gebäude ganz bestimmt nicht.

Mit Teich und Rampe: Damit kann das Justizgebäude direkt nutzbar für Rollstuhlfahrer und liebenswerter werden.
Mit Teich und Rampe: Damit kann das Justizgebäude direkt nutzbar für Rollstuhlfahrer und liebenswerter werden. © Astrid Schmidhuber

Münchner möchten das Justizgebäude mit einem Teich am tiefergelegten Vorplatz und einer Rampe zum ersten Stock menschlicher und liebenswerter machen. Andere Visionen sehen hier einen „Urban Jungle“ mit üppigem Grün an jeder Ecke oder ein „Bürgerinnenrathaus“, und auch eine Art von Wiener Gemeindebau.

Idee für einen urbanen Dschungel an der Ecke Nymphenburger Straße/Sandstraße.
Idee für einen urbanen Dschungel an der Ecke Nymphenburger Straße/Sandstraße. © Astrid Schmidhuber

Wohnraum statt Rendite!

Ziel: Kein Verkauf an private Investoren

Das Ziel der Initiative war und ist: kein Verkauf an private Investoren, Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, Erhalt des Gebäudes für eine innovative, gemeinwohlorientierte Nutzung. Unterschrieben werden konnte auf www.openpetition.de. Dazu gibt es auch einen „Offenen Brief“ an Bayerns Bauminister.

Demonstranten mit Söder-Bernreiter-Schild: "Der Freistaat saniert nur seine eigene Kasse."
Demonstranten mit Söder-Bernreiter-Schild: "Der Freistaat saniert nur seine eigene Kasse." © Astrid Schmidhuber

„Wir fordern Bauminister Christian Bernreiter auf, nach Lösungen zu suchen, die bezahlbares Wohnen ermöglichen“, sagt Monika Schmid-Balzert vom Mieterverein.

München: Nur noch Stadt für Leute mit Geld

Jan Fries (L.) und eine Mitstreiterin von Abbrechenabbrechen:  Antonia Prohammer, eine Architektin aus Graz.
Jan Fries (L.) und eine Mitstreiterin von Abbrechenabbrechen: Antonia Prohammer, eine Architektin aus Graz. © Eva von Steinburg

Abbrechenabbrechen-Sprecher Jan Fries erklärt: „Wir glauben, dass wir alle Argumente auf unserer Seite haben.“ Trotzdem gehen sie davon aus, dass finanzkräftige Investoren Interesse an Kauf und Abriss des Justizgebäudes haben. Denn das Grundstück gilt als Filetstück.

Um die Ecke sind Apple und Google

Google und Apple sind in der Nachbarschaft. Fries ist überzeugt: „Bernreiter will jetzt anderswo bezahlbares Wohnen schaffen. Wenn das aber passiert, ist das ein Eingeständnis, dass München nur noch eine Stadt für Leute mit Geld ist!“

Info: 121 Ideen für das Strafjustizzentrum - VerhandelBar

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  • 1Muenchner vor einer Minute / Bewertung:

    Die spannende Frage: wer zahlt für di kulturflächen, die asbestsanierung, die fenstersanierung, die Parkettböden damit am Ende auch noch die Miete niedrig ist?!!

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  • FredC2 vor 15 Minuten / Bewertung:

    Solche alternativen und erfrischenden Konzepte dürften sehr schwer haben, insbesondere in München. Letztendlich regiert das Geld, und es wird ein weiterer rechteckiger Kasten mit viel Glas in die Innenstadt gesetzt, bei dem der Quadratmeter Wohnfläche deutlich über 10.000 Euro kosten wird.
    Mal abgesehen davon, dass der Abriß und Neubau extrem viel Resourcen verbrauchen wird.

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