Betrugsprozess: 26-Jährige zockt alten, einsamen Mann (81) ab

Die junge Frau erschleicht sich das Vertrauen des Mannes und „leiht“ sich dann 40 000 Euro. Die geständige Betrügerin geht dafür ins Gefängnis.
John Schneider |
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Vor dem Prozess: Gina F. bespricht sich mit ihrem Anwalt Thomas Pfister.
jot Vor dem Prozess: Gina F. bespricht sich mit ihrem Anwalt Thomas Pfister.

München 19 000, 19 500, 20 000 Euro: Anwalt Thomas Pfister zelebrierte im Amtsgericht Schein für Schein die Geldübergabe an das Betrugsopfer Johann K. (81). 20 000 Euro, das ist gut die Hälfte des Schadens, den der alte Mann erlitten hat. Der Familienclan von Gina F. (26, Name geändert) hatte gesammelt, um der Betrügerin ein paar Monate Gefängnis zu ersparen.

Der Plan ging auf. Die halbe Wiedergutmachung und das Geständnis wirkten „massiv“ zugunsten der Angeklagten, erklärte die Amtsrichterin Gertrud Schröder in ihrer Urteilsbegründung. Zwei Jahre und sechs Monate Haft wurden es trotzdem. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre gefordert.

Eine Bewährung kam nicht in Frage, denn die Frau ist einschlägig vorbestraft. Zuletzt war sie im November 2013 zu elf Monaten Haft verurteilt worden. Das Opfer ihrer Betrügereien war damals wie heute Johann K. (81). Ein freundlicher alter Mann, der in einem Einzimmerapartment in Sendling wohnt.

Weil er extrem bescheiden lebt, hat er sich über die Jahre ein hübsches Sümmchen erspart. Darauf hatte es die Betrügerin abgesehen.
Sie besuchte den einsamen Mann, den sie in einem Supermarkt kennengelernt hatte, des Öfteren in seiner Wohnung. Die verheiratete Frau soll laut Anklage sogar von Liebe gesprochen haben. Und zockte ihn doch nur gnadenlos ab.

Erst bat sie ihn um 4000, dann 11 000, schließlich im jüngsten Fall um knapp 40 000 Euro. Ein aufmerksamer Sparkassen-Angestellter sorgte für den entscheidenden Beweis. Er ließ die Frau die Auszahlung der großen Summe mit dem Zusatz „leihweise“ unterschreiben. So konnte Gina F. überführt werden.

Am Donnerstag wird sie aus der Haft in den Gerichtssaal gebracht. Sie wirkt zerknirscht, der achtmonatige Aufenthalt im Gefängnis scheint ihr zugesetzt zu haben.
Es tue ihr leid, sagt sie und weint dabei leise. „Johann K. ist ein netter Mann.“ Sie habe sich doch auch um ihn bemüht, mit ihm Weihnachten gefeiert. Seine Verwandtschaft habe sich jedenfalls nicht um den 81-Jährigen gekümmert.

Auch Johann K. erklärt im Zeugenstand, dass er sich immer gefreut habe, wenn die junge Frau zu Besuch kam. Allerdings konnte sie auch „energisch“ werden, wenn ihr was nicht passte, erinnert er sich.
Dem 81-jährigen Rentner hatte sie bei den ersten beiden Forderungen erklärt, sie brauche das Geld, um nicht nach Serbien abgeschoben zu werden. Eine dreiste Lüge. Die 26-Jährige hat die deutsche Staatsbürgerschaft.

Schwerer noch als der finanzielle Schaden, wiegt der Verlust von zwei ererbten Akkordeons. Die nahm die Frau ebenfalls unter einem Vorwand mit. Johann K. hat sie bis heute nicht wieder gesehen.
Was sie mit dem ganzen Geld angefangen hat, will die Richterin von Gina F. wissen. „Die Wohnung eingerichtet und einfach gelebt“, antwortet diese. Gut gelebt, auf Kosten eines einsamen, alten Mannes.

Johann K. und seine Betreuerin – der 81-Jährige leidet an leichter Demenz und ist noch dazu schwerhörig – verlassen mit 20 000 Euro und der Genugtuung, dass Gina F. ihre Strafe bekommen hat, am Donnerstag den Gerichtssaal.

Zur Sicherheit werden sie auf dem Weg zur nächsten Sparkassenfiliale von zwei Justizbeamten begleitet. Damit der alte Mann nicht gleich wieder um sein Geld fürchten muss.   

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