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Betrugsmasche "Love Scamming": Münchner Prozess gegen nigerianische Mafia

Erste Verhandlung gegen die nigerianische Mafia: Auf der Anklagebank sitzen zwölf Männer.
von  John Schneider
Ein mutmaßliches Mitglied der nigerianischen Mafia wird zu Prozessauftakt in den Gerichtssaal gebracht.
Ein mutmaßliches Mitglied der nigerianischen Mafia wird zu Prozessauftakt in den Gerichtssaal gebracht. © Peter Kneffel/dpa

München - Sie hofften auf die große Liebe und wurden gnadenlos abgezockt. "Love scamming" nennt sich die kriminelle Internet-Methode, bei der die Täter den Frauen online vorgaukeln, verliebt zu sein, um ihren Opfern dann das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Masche "Love Scamming": 235.000 Euro für Liebesbetrüger

Die Betrüger geben sich laut Anklage als jemand aus, den es gar nicht gibt, beispielsweise als „ein in Syrien stationierter Soldat namens Thomas Meyer“.

Insgesamt, so die Anklage, sei der gesamt-volkswirtschaftliche Schaden schwer zu beziffern, den diese nigerianische Vereinigung weltweit durch ihre Straftaten verursacht, "dürfte jedoch mindestens im Bereich einer dreistelligen Millionensumme liegen".

In dem großen Münchner Prozess, dem ersten gegen die nigerianische Mafia in Deutschland, geht es um Dutzende Betrügereien. In einem Fall soll eine Frau zwischen 2019 und 2022 235.000 Euro einem Betrüger überwiesen haben.

Langwieriger Prozess: Urteil wird Mitte Dezember erwartet 

Eine weitere Frau wurde 2021 Opfer der Love-Scamming-Betrüger. Sie wurde durch den Täter durch Vorspiegelung medizinischer beziehungsweise wirtschaftlicher Notfälle und anderer Lügen veranlasst, von dem Konto ihrer Eltern einen Gesamtbetrag in Höhe von 73.300 Euro an verschiedene Konten zu überweisen.

"So wurden allein in Irland offenen Informationen zufolge im Rahmen von Ermittlungsverfahren Vermögenswerte in Höhe von 64 Millionen Euro sichergestellt, die größtenteils aus Internetbetrugstaten stammen", heißt es in der Anklage.

Bei den Angeklagten soll es sich um Mitglleder einer nigerianischen Bruderschaft handeln.
Bei den Angeklagten soll es sich um Mitglleder einer nigerianischen Bruderschaft handeln. © Peter Kneffel/dpa

Aber es geht nicht nur um Liebesbetrug, auch Geldwäsche und die Bildung einer kriminellen Organisation werden den Angeklagten unter anderem vorgeworfen. Unter den zwölf mutmaßlichen Mitgliedern im Alter zwischen 33 und 54 Jahren ist auch der Mann, den die Ermittler für den Deutschland-Chef der Vereinigung halten.

Anderthalb Stunden dauert allein die Verlesung der umfangreichen Anklage. Einer der zwölf Männer auf der Anklagebank im Saal A 101 des Strafjustizzentrums bestreitet danach die Vorwürfe. Die anderen elf Angeklagten hüllen sich dagegen lieber in Schweigen.

Ermittler machen Bayern als Schwerpunkt der nigerianischen Mafia aus

Schwerpunkt der nigerianischen Mafia in Deutschland ist Bayern. Nach dem Jahresbericht des bayerischen Verfassungsschutzes für 2023 handelt es sich bei der jetzt angeklagten Gruppierung um eine von vier mafiaähnlichen nigerianischen Organisationen, deren Mitglieder hauptsächlich in Bayern aktiv sind.

Ein mutmaßliches Mitglied der nigerianischen Mafia (r) wird zu Prozessauftakt in Handschellen in den Gerichtssaal geführt.
Ein mutmaßliches Mitglied der nigerianischen Mafia (r) wird zu Prozessauftakt in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. © Peter Kneffel/dpa

 "Confraternities" entstanden aus universitären Bruderschaften

Die Zahl der Mitglieder der nigerianischen Mafia wird auf rund 30.000 geschätzt, davon eine dreistellige Anzahl in Deutschland. Diese Organisationen entstanden in den 1960er und 1970er Jahren ursprünglich aus universitären Bruderschaften. Einige hätten sich später aber zu mafiaähnlichen Vereinigungen entwickelt.

Der Prozess wurde am Montag bereits kurz nach der Anklageverlesung unterbrochen. Am 14. April soll es weitergehen. Insgesamt sind für den Mammutprozess Termine bis 19. Dezember vorgesehen. 

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