Betrügerpärchen vor Gericht: Märchen für Witwen
MÜNCHEN - Sie setzten auf "Diplomatengepäck" und "Butler James ruft an". - Mit einem kniffligen Konstrukt aus Lügen ergaunerte sich eine Bande viel Geld von Münchner Seniorinnen. Nun steht sie vor Gericht
Man kann diesem Pärchen ja so manches vorwerfen – aber keinen Mangel an Fantasie. Mit ihren Lügen gelang es einer Betrügerbande, zwei Münchner Witwen 9500 Euro aus der Tasche zu ziehen. Ab Dienstag müssen sich Gustav S. (54) und Rosa K. (40) vor dem Landgericht wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs verantworten. Gegen ihre Komplizin Mercedes K. und weitere noch unbekannte Mittäter wird noch ermittelt.
Organisiert und arbeitsteilig ging die Bande laut Anklage vor. Die Ermittler haben die Lügen zusammen gestellt, mit denen sich die Bande das Vertrauen der Opfer erschlich.
EIN TOTER UND ISLAMISTEN
Das Fundament der Lügengebäude sei in beiden Fällen die Behauptung gewesen, dass der Vater von Gustav S. mit den verstorbenen Ehemännern der Damen bekannt gewesen sei. Er habe jedenfalls deren Namen im Notizbuch des ebenfalls Verstorbenen gefunden, gab der 54-Jährige gegenüber seinen leichtgläubigen Opfern an. In beiden Fällen gab sich Gustav S. als „Dr. Wintel“ aus: als Arzt aus Teheran bzw. Dubai, der sich vor islamistischen Verfolgern nach Deutschland geflüchtet hat.
BUTLER JAMES RUFT AN
Um die Legende von Gustav S. alias „Herr Wintel“, dem iranischen Arzt auf der Flucht, zu stützen, bekam Witwe G. (70) aus Neuried am Tag nach der ersten Kontaktaufnahme einen Anruf von einem gewissen „Butler James“. Der erklärte der Frau, dass „Herr Wintel“ den Zuschlag für den Kauf einer Münchner Praxis erhalten hätte.
DAS DIPLOMATENGEPÄCK
Rosa K. rief vier Tage später bei Witwe G. an und gab sich als Mutter von „Herrn Wintel“ aus. Diplomatengepäck ihres Sohnes mit viel Bargeld, Ausweisen und Arztdiplom sei nach München unterwegs. Zwei Tage später traf sich die Witwe mit Gustav S., der ganz aufgeregt erklärte, er bräuchte Geld, um das Gepäck auszulösen. Sie gab ihm 3500 Euro.
NOCH EIN PAKET
Erst als Gustav S. Monate später nochmal 900 Euro von der Witwe erbat, um eine Geldsendung am Hauptbahnhof auszulösen, schöpfte sie Verdacht.
Nach dem gleichen Muster – Arzt auf der Flucht, Mutter schickt Paket, Paket muss ausgelöst werden – erschlich sich die Bande von der Münchner Witwe E. (74) 5000 Euro.
Mal sehen, was sie dem Richter erzählen.
J. Schneider
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