Betreiber fordern: Automaten-Stopp in der City!
Ludwigsvorstadt - Gar nicht so dunkel hier. Nicht so schummrig, wie man sich eine Spielhalle vorstellt. Hier im „City Play“ in der Bayerstraße ist es sauber und ruhig. Betreiber Gerald Strunz schaut zufrieden. „Sehn’S, so schlimm ist es bei uns ja gar nicht.“
Seine Besucher sind anderer Meinung. Rund 20 Geschäftsleute, Politiker und Vertreter von Sozialeinrichtungen und Kirchen besuchen an diesem Dienstagnachmittag drei Spielhallen im südlichen Bahnhofsviertel. Die meisten von ihnen sehen zum ersten Mal eine Zockerbude von innen. Weil: Automaten sind ihr Feind.
Seit Jahren fordern sie: Spielhallen-Stopp fürs Bahnhofsviertel! Und jetzt haben sie auch einen Verbündeten, mit dem sie nie gerechnet hätten: den Bayerischen Automatenverband höchstselbst.
Den vertritt heute Gerhard Strunz, der im Vorstand sitzt. Er und seine Kollegen wollen keine weiteren Spielhallen im Viertel, sagt er: „Wir wollen integriert sein und nicht unangenehm auffallen mit zu vielen Standorten.“ Der Markt sei außerdem „längst gesättigt“.
Seine Besucher sind überrascht von solchen Aussagen. Seit Jahren entsteht hier ein Standort nach dem anderen, nirgendwo in München gibt es mehr Spielhallen, (s. Kasten) – und jetzt soll auf einmal Schluss sein? Das kommt den meisten Spanisch vor. Eher wie Image-Pflege statt ernst gemeinter Absicht.
Strunz gibt zu: Der Verband habe keine Möglichkeit, seine Mitglieder von neuen Spielhallen abzuhalten. Er zielt aber vor allem auf die vielen „Quereinsteiger“ aus dem Ausland, die hier seit einigen Jahren Spielhallen eröffnen – sprich: Nichtmitglieder. „Die machen, was sie wollen und halten sich nicht an die Gesetze“, sagt Strunz. „Wir wollen verhindern, dass vor allem sie hierher kommen.“
Die einen wollen also die Konkurrenz fernhalten, die anderen ihr Viertel aufpolieren – so lässt sich der Schulterschluss zwischen Betreibern und Geschäftsleuten vielleicht erklären. Eine Hotelbesitzerin sagt, die vielen Spielhallen verschreckten ihre Kunden. In Internetbewertungen ihres Hotels werde vor der Gegend gewarnt. Fritz Wickenhäuser, Geschäftsführer des Hotels Dolomit in der Goethestraße, sorgt sich um das allgemeine Erscheinungsbild: „Eine solche Konzentration von Spielhallen ist tödlich fürs Viertel“, sagt er. „Damit muss jetzt Schluss sein!“
Andere haben Angst vor der Kundschaft: vor zwielichtigen Gestalten. Oder Spielsüchtigen wie Boris T. Der Maurer steht im City Play an einem Automaten. Er verliert die ganze Zeit. „Seit fünf Jahren habe ich nichts gewonnen“, klagt er, allein heute habe er 150 Euro verjuxt. Am Montag wurde Boris T. 50 Jahre alt – er feierte im City Play.
258 Spielhallen - die meisten in Bahnhofsnähe
Die Spielhallenflut in München ist erstmals seit Jahren eingedämmt – hier alle Zahlen im Überblick.
*Die Lage in Bayern: Im Freistaat gibt es rund 1500 Konzessionen mit 15500 Spielautomaten.
*Die Lage in München: Derzeit gibt es laut Kreisverwaltungsreferat (KVR) 258 Spielhallen an 117 Standorten in der Stadt – Ende 2011 waren es noch 195 Spielhallen an 95 Standorten.
*In München hat sich die Zahl der Konzessionen für Spielhallen seit 1998 vervierfacht.
*Die Lage im Südlichen Bahnhofsviertel: Hier gibt es 43 Hallen an insgesamt 23 Standorten.
*Damit ist das Bahnhofsviertel der Ort mit den meisten Spielhallen in München – dazu zählen auch die Arnulf- und die Dachauer Straße nördlich des Hauptbahnhofs.
*Derzeit liegen dem KVR nur vier Anträge für Spielhallen vor – laut KVR-Sprecherin Daniela Schlegel sollen die neuen Hallen alle in Randbezirken entstehen.
*Laut einem neuen Gesetz dürfen neue Spielhallen seit 1. Juli nur noch höchstens zwölf Spielautomaten haben. Die nächste Halle muss 250 Meter Luftlinie entfernt sein.
- Themen:
- Kreisverwaltungsreferat