Bestechungsskandal im KVR München: So geht es jetzt weiter

Audio von Carbonatix
Die Meldung schlug in München ein wie eine Bombe. Am 11. März 2025 durchsuchten Staatsanwaltschaft München und Korruptionsermittler des K73 das Kreisverwaltungsreferat (KVR) in der Ruppertstraße. Im Rahmen dieser Maßnahme wurden vier Mitarbeiter der Ausländerbehörde festgenommen und saßen kurzzeitig in U-Haft. Einer weiteren Verdächtigen blieb der Gang in die JVA erspart. Den Verdächtigen wurde vorgeworfen, ausländerrechtliche Dokumente gegen Geldzahlungen manipuliert zu haben.
Strippenzieher der Betrügereien soll dabei ein externer Dienstleister, ein sogenannter Relocator, gewesen sein, der offenbar beste Kontakte zu einigen KVR-Mitarbeitern pflegte. Laut Staatsanwaltschaft vermittelte der Mann den Kontakt zu infrage kommenden Ausländern, stellte gefälschte Dokumente her und gab den KVR-Mitarbeitern Geld. Er wurde schon einige Tage vor der Razzia beim KVR festgenommen.
Während die vier inhaftierten verdächtigen KVR-Mitarbeiter gegen Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt worden sind, sitzt der Relocator weiterhin in Untersuchungshaft.
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen drei Tatverdächtige
Nach AZ-Informationen hat die Staatsanwaltschaft München I nun Anklage gegen drei Personen erhoben. Gegen den externen Relocation-Dienstleister wegen mehrere Fälle der Bestechlichkeit, gegen zwei ehemalige KVR-Mitarbeiter wegen mehrerer Fälle der Bestechlichkeit.
Dem Beschuldigten Relocator und der Ex-KVR-Mitarbeiterin (die zuvor nicht in U-Haft saß) wird im Wesentlich zur Last gelegt, mittels unrichtiger Wohnungsgeberbestätigungen Anmeldungen in München vorgenommen zu haben. Die Angeschuldigte KVR-Mitarbeiterin soll dabei von dem Angeschuldigten Relocator jeweils 200 EUR in bar erhalten haben, dieser erhielt für seine Dienste wiederum in der Regel rund 2000 Euro. Ziel der scheinbaren Anmeldung im Gebiet der Landeshauptstadt München war zum Teil auch, die Zuständigkeit des KVR Münchens für ausländerrechtliche Angelegenheiten zu eröffnen, um in einem zweiten Schritt unrichtige Fiktionsbescheinigungen auszustellen.
KVR-Mitarbeiter soll falsche Fiktionsbescheinigungen ausgestellt haben
Hier kam der zweite Angeschuldigte KVR-Mitarbeiter ins Spiel. Ihm wird vorgeworfen, unrichtige sogenannte Fiktionsbescheinigungen ausgestellt und dafür vom Relocator in unregelmäßigen Abständen verschiedene Vorteile erhalten zu haben. Eine Fiktionsbescheinigung wird in Deutschland dann ausgestellt, wenn ein Ausländer bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels gestellt hat und die Entscheidung noch aussteht. Sie bescheinigt, dass der Aufenthalt bis zur Entscheidung der Behörde als erlaubt gilt.
Durch die unrichtigen Fiktionsbescheinigungen wurde den Ausländern zum Teil vorgespiegelt, dass diese künftig legale Aufenthaltstitel erlangen würden. Dies war allerdings nicht möglich. Der tatverdächtige Relocator versprach den Ausländern die Aufenthaltstitel dennoch.
Allen Angeschuldigten wird vorgeworfen, sich durch diese wiederholende Betrugsmasche eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen.
Bestechungsskandal: KVR hat Ermittlungen selbst angestoßen
Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und damit über eine mögliche Terminierung der Hauptverhandlung wird die zuständige 6. Strafkammer des Landgerichts München I entscheiden. Die Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte (die sich nicht in Haft befinden) in diesem Fall dauern an.
Wie die AZ im Frühjahr erfuhr, hat das KVR die Ermittlungen in diesem Fall bereits im Sommer 2024 selbst angestoßen und aufgrund erster Verdachtsmomente die Innenrevision eingeschaltet. Insgesamt werden sechs aktuelle oder ehemalige KVR-Mitarbeiter verdächtigt.