Bernd Becking: "Die nächsten drei Monate werden hart"

In München sind die Arbeitslosenzahlen im Dezember trotz Krise zurück gegangen. Bernd Becking, Chef der Agentur für Arbeit München, äußert sich im AZ-Interview zu der überraschenden Entwicklung. Mit Blick auf das Jahr 2010 sagt er: "Die nächsten drei Monate werden hart."
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Bernd Becking, Chef der Agentur für Arbeit München
Martha Schlüter Bernd Becking, Chef der Agentur für Arbeit München

MÜNCHEN - In München sind die Arbeitslosenzahlen im Dezember trotz Krise zurück gegangen. Bernd Becking, Chef der Agentur für Arbeit München, äußert sich im AZ-Interview zu der überraschenden Entwicklung. Mit Blick auf das Jahr 2010 sagt er: "Die nächsten drei Monate werden hart."

Herr Becking, die Zahl der Arbeitslosen ist in München auch im Dezember gesunken. Trotzt die Stadt der Krise?

BERND BECKING: In den letzten vier Monaten sind die Zahlen tatsächlich unerwartet zurück gegangen. Das hat verschiedene Ursachen. Definitiv ist es so, dass das Instrument Kurzarbeit einen sehr erfolgreichen Beitrag geleistet hat. Insgesamt handeln viele Unternehmen verantwortlich und halten ihre Mitarbeiter auch in der Krise. Sie bauen Überstunden ab, genehmigen berufliche Auszeiten – so genannte Sabbaticals – und gehen zu Teilzeit über. Wenn die Unternehmen dann nach der Krise die Produktion wieder hochfahren, müssen sie nicht neu rekrutieren. Auch die Arbeitsagentur hat insgesamt durch viele Qualifizierungen von Arbeitslosen und zügige Vermittlungen in offene Stellen ihren Beitrag geleistet.

Gibt es München-spezifische Gründe?

Wir sind keine monostrukturelle Wirtschaftsregion, sondern haben einen breiten Branchenmix. Uns kommt zugute, dass der Dienstleistungsbereich nicht so stark von der Krise betroffen ist, wie das produzierende Gewerbe. Die Münchner Vielfalt kom[/INTERV-TEXT]pensiert Einbrüche in einzelnen Bereichen.

Wie erfolgreich ist die Kurzarbeit?

Wir sind mit der Wirkung sehr zufrieden. Von Anfang an war klar, dass die Kurzarbeit nur dann lohnend ist, wenn die Menschen danach weiter beschäftigt werden – ansonsten zahlen wir doppelt. Derzeit gibt es aber keine Anzeichen dafür, dass Kurzarbeiter in die Arbeitslosigkeit reingehen. Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit gehen beide zurück.

Was erwarten Sie für das Jahr 2010?

Wir rechnen damit, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland und in München höher wird. Bereits in den ersten Tagen des neuen Jahres haben wir im Vergleich zum Dezember eine starke Zunahme der Arbeitslosenmeldungen. Fest steht: Die nächsten drei Monate werden hart. Die weitere Entwicklung hängt davon ab, wie knackig der Winter wird. Die jüngsten positiven Ergebnisse hängen ja auch damit zusammen, dass die letzen Monate von 2009 so mild waren.

Die Krise ließ die Ausgaben der Münchner Agentur für Arbeit um fast 43 Prozent steigen. Wie viel Krise verträgt die Agentur noch?

Wir haben als wirksames Instrument gegen die Krise sehr viele Mittel eingesetzt, allein in München über 300 Millionen Euro mehr als im Jahr 2008. Das hat gewirkt, wie man sieht. Wir hoffen auf den Aufschwung. Insgesamt hat die Agentur im Raum München über eine Milliarde Euro eingesetzt, das ist nicht unbegrenzt fortsetzbar.

Lässt sich der Krise auch etwas Positives abgewinnen?

Wir können aus der Krise gestärkt hervor gehen, wenn wir die Zeit nutzen. Ein gutes Ergebnis wäre, wenn viele Leute danach besser qualifiziert sind. Dazu setzen wir auf Weiterbildungen für Ältere und fördern Jugendliche. Wer heute gut ausgebildet ist, findet morgen einen Arbeitsplatz.

Wie hat sich die Arbeitsagentur selbst als Arbeitgeber in der Krise aufgestellt?

Wir sind ein „atmendes Unternehmen“. Wir haben als Ergebnis unseren Personalkörper hoch gefahren. Im vergangenen Jahr wurden 250 neue Mitarbeiter als Vermittler eingestellt.

Was ist aus den Umzugsplänen der Münchner Arbeitsagentur weg vom Kapuzinerplatz geworden?

Der Verkauf des Hauses ist wegen der Krise ausgesetzt, ein Umzug steht nicht an. Ich gehe davon aus, dass wir auch die nächsten Jahre hier bleiben.

Interview: Vanessa Assmann

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