Bein amputiert- Münchnerin (81) verklagt Ärzte

Vom Liegen bekommt Irina N. ein Geschwür – die Mediziner sehen die Wunde, warten aber ab. Eine Blutvergiftung zwingt dann zur Amputation. Den Vergleich lehnt die Patientin ab.
John Schneider |
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Bein amputiert: Ildico N. am Bett ihrer Mutter Irina.
Gregor Feindt Bein amputiert: Ildico N. am Bett ihrer Mutter Irina.

Vom Liegen bekommt Irina N. ein Geschwür – die Mediziner sehen die Wunde, warten aber ab.  Eine Blutvergiftung zwingt dann zur Amputation. Den Vergleich lehnt die Patientin ab, sie will
eine Entscheidung. „Auch, wenn wir verlieren!”

München „Warum hast du mich nicht sterben lassen?”. Das wird Ildico N. (51) von ihrer Mutter Irina oft gefragt. Die 81-Jährige liegt in einem Münchner Altenheim. Aus ihrem Bett kommt sie kaum noch raus.

Seit Juni 2007 hat die frühere Lehrerin nur noch ein Bein. Ihr linkes Bein musste ihr amputiert werden. Der Grund: Ein Dekubitus (Liegegeschwür) an der Ferse führte zur Blutvergiftung des Beines. Ein Kunstfehler? Hätte eine gründlichere Behandlung das Bein retten können? „Ja” sagt Ildico N. und klagte gegen die behandelnden Ärzte, verlangte 60 000 Euro Schmerzensgeld für ihre Mutter.

Bei Irina K. wurde der Dekubitus bereits im März 2007 festgestellt. Die Wunde wurde beobachtet, immer wieder neu verbunden. Die Ärzte hofften, sie heilen zu können. Am 22. Mai stellt aber eine Ärztin in Ausbildung einen sehr starken Geruch fest. Einen Tag später sieht sich ihr Chef die Ferse an, kann aber nichts Besorgniserregendes erkennen.

Einen „groben Behandlungsfehler” nennt das der Magdeburger Professor für Allgemeinmedizin, den das Gericht hinzugezogen hat. Die Frau hätte beim Alarmzeichen „starker Geruch” sofort geröntgt werden müssen, da die Gefahr eines tiefer gehenden Geschwürs groß sei.

Das geschah zu diesem Zeitpunkt nicht. Irina K. wurde erst eine Woche später auf Betreiben ihrer Tochter nach Perlach überwiesen. „Ohne mich wäre sie gestorben.”

Die Perlacher Ärzte stellten das fortgeschrittene Stadium und die Blutvergiftung fest. Sie amputierten den Fuß, doch die Blutvergiftung hatte bereits das Bein erfasst. Oberschenkelamputation.

Dann der Rückschlag für Ildico N. und ihre Mutter. Der Gutachter glaubt trotz des Kunstfehlers nicht, dass das Bein auch bei besserer, schnellerer Behandlung gerettet worden wäre. Eine Frage, die wie er zugibt, ein Chirurg aber besser beantworten könne.

Das Gericht schlug dem Anwalt der Familie, Michael Feuerberg, daraufhin einen Vergleich von 7500 Euro vor. Ildico N.: „Dafür beuge ich nicht mein Haupt.” Sie will eine Entscheidung: „Auch wenn wir verlieren.”

Ein weiteres, verbessertes Angebot der Gegenseite lehnt sie ebenfalls ab. Ihr Anwalt beantragt stattdessen ein weiteres, diesmal chirurgisches Fachgutachten. Das soll den groben Behandlungsfehler nachweisen.

Ihrer Mutter geht es zwar inzwischen wieder einigermaßen. Sie flirte sogar mit den Pflegern, die sich viel Mühe mit ihr geben. Aber viel bewegen kann sich die 81-Jährige nicht. Im rechten Bein plagt sie zu allem Überfluss Arthrose. Dazu komme eine Agoraphobie. Sie verlasse ihr Zimmer kaum noch. Sogar ihr linkes Bein bereitet Irina K. noch Phantom-Schmerzen. Fünf Jahre nach der Amputation.

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