Beim Paten vom Wertstoffhof
Tina Angerer, AZ-Chefreporterin, über Regimenter, Regeln und Rituale auf den Wertstoffhöfen.
Ein Radl mit einem Ledersattel und Gummireifen, gehört das in den Sperrmüll? Ich habe mal versucht, es da reinzuwerfen – aber nur einmal. „Nix daaaaa“ brüllte es. Das war ein „Einweiser“, so heißen die Männer offiziell, die am Wertstoffhof sagen, was wohin kommt.
Der Oberste aller Einweiser heißt erstaunlicherweise nicht „Pate aus der Thalkirchner Straße“ oder „König vom Wertstoff“, er heißt „Platzwart.“ Unter ihm sind wir alle vermüllte Bittsteller. „Hey Meister“, sagte er zu meinem Vater, der Holzregale wegwerfen wollte. „Hast du keinen Ofen? Das gute Holz!“
Was er dem verwirrten Mann bedeuten wollte, war, dass er, il padrone, die Regale höchstpersönlich vor dem Container retten wird. Gerüchte, dass da lukrative Nebengeschäfte laufen, gehören zu den gängigen Verschwörungstheorien rund um die organisierte Werstoffhofität. Trotzdem lieben viele diesen Ort. Wie der kleine Bub, der an der Sperrmüllpresse steht, auf Zehenspitzen, und begeistert in den orangenen Schlund schaut, wie seine Kindercouch von einem gnadenlosen Sofa-Ungeheuer zermalmt wird.
Und der große Bub daneben erst! Der freut sich schon auf nächsten Samstag, auf die neue Fuhre für das wunderbare Müllmonster.
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