"Bauwut zerstört mehr als der 2. Weltkrieg"

Die Bürgerinitiative „Rettet die Birkenau” kämpft um den Erhalt zweier historischer Kutscherhäuser in Untergiesing. Die AZ sprach mit Mitinitiator Stefan Burger
Annette Wild |
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Die Bürgerinitiative „Rettet die Birkenau” kämpft um den Erhalt zweier historischer Kutscherhäuser in Untergiesing. Die AZ sprach mit Mitinitiator Stefan Burger.

AZ: Herr Burger, warum wollen Sie die Birkenau retten?

STEFAN BURGER: Wir glauben, dass der Abriss der Birkenau 10 und 12 den besonderen Charakter des Viertels nachhaltig zerstört. Nur an wenigen Gebäuden in Untergiesing ist die Stadthistorie so ablesbar, wie an den zwischen 1840 und 1845 erbauten Kutscherhäusern. Die Birkenau ist die älteste Wohnsiedlung Untergiesings und zeigt, wie die „kleinen Leute” gelebt haben. Ecken wie diese gibt es in München kaum noch.

Wie ist die aktuelle Lage?

Ende 2009 wurde das Kutscherhaus in der Birkenau 12 vom Landesamt für Denkmalschutz aus der Denkmalliste gestrichen. Nummer 10 und 12 wurden verkauft. Der neue Besitzer plant, an ihrer Stellen einen vierstöckigen, „familienfreundlichen” Block samt Tiefgarage zu errichten. Der Abriss ist wohl für Ende Mai geplant. Es existiert ein Bauvorbescheid. Der Bezirksausschuss lehnte den Neubau zwar einstimmig ab, hat jedoch wenig Handhabe.

Warum wurde Nummer 12 aus dem Denkmalschutz genommen?

Die obere Denkmalschutzbehörde hat die Streichung damit begründet, dass das Gebäude baulich stark verändert wurde. Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Die baulichen Veränderungen wurden allesamt vorgenommen, bevor das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt wurde. Das ganze Vorgehen ist umso verwunderlicher, da erst 2004 mit hohen Zuschüssen aus Denkmalschutzmitteln der Straßenbelag der Birkenau erneuert wurde. Die Denkmalschutzbehörde bestand darauf, dass nur Großkopfsteinpflaster eingesetzt werden durfte, um „den Charakter des Kutscherviertels” zu erhalten.

Was glauben Sie, war der wahre Grund dafür, dass das Gebäude aus dem Denkmalschutz genommen wurde?

Das Landesamt für Denkmalschutz hat in den 70er Jahren in München sehr, sehr viele Häuser in die Denkmalschutzliste aufgenommen. Mittlerweile streichen sie wieder viele, da sie mit ihrer Arbeit nicht hinterherkommen. Außerdem wurden dem Amt die finanziellen Mittel stark gekürzt. In der aktuellen Gentrifizierungsdebatte kommt dem Denkmalschutz aber eine sehr wichtige Bedeutung zu. Schließlich bildet er die letzte Instanz, die den Abriss eines historischen Hauses verhindern und die Bauwut eindämmen kann, die langfristig mehr zerstört als der ZweiteWeltkrieg.

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