Baum stürzt auf Buben (10): So geht's Emre
Beim Wandertag in der Angerlohe wird Emre (10) von einem umstürzenden Baum verletzt.
ALLACH - Emre sitzt im Krankenbet und spielt mit seiner nagelneuen Playstation Portable. Sein Kopf brummt noch kräftig und die Prellungen am Rücken, wo ihn ein Ast des umfallenden Baumes erwischt hat, tun noch weh. Der Bub (10) war mit seiner Schulklasse am Montag im Wald an der Angerlohstraße, als plötzlich ein 15 Meter hoher Laubbaum auf ihn stürzte und ihn begrub.
Auf die Exkursion in den Lohwald bei Allach hatten sich die Kinder schon seit Tagen gefreut. Gemeinsam mit ihren Lehrern und einigen Eltern durften sie das Naturschutzgebiet erkunden. Sie sollten etwas über die Pflanzen und die Tiere lernen, die in dem Waldgebiet leben. Begeistert stöberten Emre und seine Freunde herum.
Der Viertklässler ging mit seinem Freund Bilal an dem Laubbaum vorbei. „Wir haben ihn gar nicht beachtet“, erzählt Emre. Es war ein Spiel. Bilal hatte die Augen verbunden, Emre sollte ihn an der Hand durch den Wald führen. Plötzlich neigte sich der Baum ächzend zur Seite. „Er fiel einfach um, ohne das irgendjemand etwas getan hätte“, berichtet Schuldirektor Jan-Erik Johansson.
Emre war dem Baum am nächsten. Doch er hatte Glück im Unglück. Der Stamm verfehlte die Buben nur knapp. Aber einer der Äste erwischte Emre an Kopf und am Rücken. Bilal blieb dagegen völlig unverletzt. So wie auch die anderen aus der Gruppe. Sie standen weiter weg – und kamen mit dem Schrecken davon.
Die Klassenlehrerin war ganz in der Nähe. Sie lief sofort zu ihrem Schüler und leistete Erste Hilfe. Zwei Eltern, die die Gruppe begleiteten, verständigten per Handy den Notruf. Minuten später waren bereits ein Notarzt, der Rettungsdienst und die Feuerwehr vor Ort.
Während Emre von der Feuerwehr vorsichtig aus dem Gewirr aus Büschen, Farnen und Zweigen befreit wurde, kümmerten sich Psychologen des Kriseninterventionsteams um die geschockten Kinder. „Das hat alles wie am Schnürchen geklappt“, lobt Schulleiter Jan-Erik Johannson. Mit Verdacht auf ein Schädel-Hirn- Trauma und eine Halswirbelverletzung kam Emre ins Krankenhaus. Die ganze Klasse stand unter Schock. Niemand wusste, wie schlimm die Verletzungen des Buben wirklich sind.
Unterdessen untersuchten Experten den Baum. Schnell stellte sich heraus, dass die Wurzeln des 15-Meter-Riesen verfault waren. Vermutlich war der Boden durch die starken Regenfälle der letzten Tage aufgeweicht und konnte deshalb das Gewicht des Baumes nicht mehr halten.
„Weder die Kinder noch die Erwachsenen trifft eine Schuld“, betont gestern Nachmittag ein Polizeisprecher. Die Buben und Mädchen sind aber immer noch geschockt. Manche haben Angst, in den Wald zu gehen. Eltern und Lehrer versuchen sie zu beruhigen, ihnen das Unglaubliche zu erklären: dass sie einfach zur falschen Zeit am falschen Ort waren.
Gestern erreichte die erleichternde Nachricht die Grundschüler an der Manzostraße: Emre geht es schon viel besser. Er hat eine Gehirnerschütterung und ein paar Schrammen. „Am Mittwoch bleibe ich noch Zuhause und ruh’ mich aus“, erzählt er während er die Tasten seiner Playstation Portable bearbeitet. „Donnerstag geh’ ich wieder zur Schule.“ Die 4. Klasse hat er locker geschafft. Ab September geht er auf die Realschule.
„Es hätte ihn bei dem Unfall auch viel schlimmer erwischen können“, sagte der Chefarzt der kinderchirurgischen Abteilung der Klinik. Emres Eltern sind heilfroh, dass die Sache so glimpflich ausgegangen ist: „Wir sind erleichtert aber auch sehr stolz auf unseren Sohn.“ Ralph Hub, Franziska Zeiler
- Themen:
- Feuerwehr