Bau-Ruinen in München: Warum lässt die Stadt dieses Grundstück brachliegen?

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Wenn man durch den Bauzaun schaut, sieht man, wie sich das Gras durch die Pflastersteine hindurch gekämpft hat. Weiter hinten steht ein Bau-Container. Auch ein Dixi-Klo kann man erspähen und jede Menge Schutt – große, graue Betonteile und grüne Müllsäcke. Vermutlich ist das alles schon seit Jahren so.
Früher stand hier eine Esso-Tankstelle. In alten Zeitungsartikeln kann man nachlesen, dass sie 2018 stillgelegt wurde. Und dass auf diesem Grundstück an der Passauerstraße/Ecke Euckenstraße im Stadtteil Sendling-Westpark Wohnungen entstehen sollten. Doch bis heute – sieben Jahre nach dem Aus der Tankstelle – sieht man nichts davon.

Oft ist die Geschichte bei solchen Brachflächen ähnlich: Ein privater Investor hat sich verzockt oder wartet ab, bis er irgendwann das Grundstück mit einem Millionen-Gewinn weiterverkaufen kann. Das ist hier anders. Denn das ehemalige Tankstellen-Grundstück gehört keinem Unternehmer, sondern der Stadt. Sie erwarb es 2019.
Die städtische Wohnungsbaugesellschaft GWG, die inzwischen Münchner Wohnen heißt, plante auf dem Grundstück 58 Wohnungen. Die Tankstelle ließ sie deshalb 2022 abreißen und den Boden auf Schadstoffe hin untersuchen. Doch mehr ist in den vergangenen sechs Jahren nicht passiert.
Die Linke im Münchner Stadtrat wird ungeduldig
Warum dauert das alles so lange, fragt sich der Chef der Linken im Münchner Stadtrat Stefan Jagel. Denn eigentlich hatte sich der Stadtrat doch ehrgeizige Ziele für den Wohnungsbau gesetzt. Ab 2024 sollte die Münchner Wohnen 2000 Wohnungen pro Jahr bauen, so legte es die grün-rote Rathaus-Regierung fest. Dieses Ziel verfehlte die Münchner Wohnen weit: 2024 baute sie nicht mal 800 Wohnungen.
Die Flächen sind in München knapp und teuer – heißt es oft, wenn man nach den Gründen fragt, warum der Wohnungsbau so stockt. Doch das kann an der Passauerstraße nicht das Problem sein. Deshalb wird Linken-Chef Jagel langsam ungeduldig. Denn seiner Information nach sollte der Baubeginn 2022/23 erfolgen und eine Fertigstellung bis 2025 erreicht werden.

Warum in den vergangenen sechs Jahren allerdings nicht recht viel mehr passiert ist, als der Abriss einer Tankstelle will Stefan Jagel nun mit einer Anfrage herausfinden. Bitter ist das Ganze aus seiner Sicht auch deshalb, weil das Bauen Jahr für Jahr teurer wird.
So reagiert die Münchner Wohnen
Die AZ hat schon jetzt bei der Münchner Wohnen nachgehakt. Das Erstaunliche: Einen richtigen Grund, warum das Ganze so lange dauert, gibt es nicht. Denn – zumindest für die Münchner Wohnen – läuft alles nach Plan. "Ein Baubeginn war bisher stets – nach der Untersuchungs- und Planungsphase – für die zweite Hälfte der Zwanzigerjahre vorgesehen", antwortet der Sprecher der städtischen Wohnungsbaugesellschaft auf eine Anfrage der AZ.
Im kommenden Jahr, also sieben Jahre nachdem die Stadt das Grundstück gekauft hatte, soll der Aushub für die Baugrube beginnen. Eine Aussage treffen, wann das Gebäude fertig wird, will der Sprecher nicht. Angesichts der aktuellen Unsicherheiten zur staatlichen Fördersituation könne die Münchner Wohnen im Moment nur eingeschränkt Aussagen zum Zeitplan treffen, schreibt er.
Dieses Jahr gab es in der Baubranche tatsächlich eine große Unruhe, weil sich die Fördertöpfe des Freistaates für Sozialwohnungen viel früher leerten, als viele angenommen hatten. Eine Zeit lang hieß es, es könnten gar keine zusätzlichen Sozialwohnungen mehr gebaut werden. Inzwischen hat die Regierung neue Gelder in Aussicht gestellt. Die genauen Modalitäten sind aber noch unklar. Fakt ist aber so oder so: 2019, als die Stadt das Grundstück an der Passauerstraße kaufte, gab es solche Probleme noch nicht.
Die Stadt kauft gar keine Wohnungen mehr
Auch der städtische Haushalt sah damals anders aus. Zwischen 2020 und 2023 gab die Stadt jährlich dreistellige Millionen-Beträge aus, um Immobilien zu kaufen. Das hat sich geändert. 2024 und 2025 kaufte die Stadt laut einem Sprecher des Kommunalreferats bloß noch landwirtschaftliche Flächen und keine einzige Wohnung mehr – obwohl das Kommunalreferat regelmäßig Immobilienangebote erhalte. Doch von denen kommen aus "Wirtschaftlichkeitsgründen" nur wenige in eine nähere Prüfung.
Fehlt jetzt womöglich das Geld, die Wohnungen an der Passauerstraße zu bauen? Eine fixe Zusage der Stadt, inwieweit sie das Projekt finanziell unterstützt, gibt es laut dem Sprecher der Münchner Wohnen noch nicht. "Zu den Fördermodalitäten sind wir derzeit mit der Landeshauptstadt München im Austausch", schreibt er in seiner E-Mail nur.
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