Bairisch für Fortgeschrittene: Jessasmarand, was hoaßt nachad des?

Der Dialekt boomt: AZ-Leser schicken weiter ihre Lieblingswörter – und zwei Experten von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erklären diese.
von  Abendzeitung
Fesch sans scho, de zwoa kloana Trachtler – aber obs aa no schee Boarisch redn kenna?
Fesch sans scho, de zwoa kloana Trachtler – aber obs aa no schee Boarisch redn kenna? © az

MÜNCHEN - Der Dialekt boomt: AZ-Leser schicken weiter ihre Lieblingswörter – und zwei Experten von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften erklären diese.

Seit die AZ über den neuen Bairisch-Boom berichtet hat, trudeln immer neue Briefe und Mails ein. Der Inhalt: urbairische Wörter – aber auch ganz unterschiedliche Übersetzungen dafür. Andrea Schamberger-Hirt und Edith Funk vom „Bayerischen Wörterbuch“ (Bayerische Akademie der Wissenschaften) erklären die Lieblingsbegriffe der AZ-Leser.

Aufbrezeln:

Diese Bildung ist jüngeren Datums und bedeutet „sich schön herrichten“. Vielleicht steckt hinter dieser Wortbildung eine alte Breze, die durch Aufbacken wieder genießbar gemacht werden soll.

Aufmandeln:

Über einen Wichtigtuer sagt man in Altbayern: Der mandelt si auf! Das Wort aufmandeln kommt von der bairischen Verkleinerungsform zu Mann (Männlein, gesprochen Mandl) und bedeutet „sich wie ein Männlein aufführen“.

Baamhackl:

Der Baumhäckel (gesprochen Baamhackl) ist ein bairischer Name für den Specht, der auf der Suche nach Insekten an Baumstämmen hackt. Auch entzündete Hautrisse und Schrunden an Händen oder Füßen werden Baamhackl genannt.

Belfern:

Das Wort, das meist als bejfern ausgesprochen wird, ist eine Weiterbildung zu „bellen" und bedeutet auch „kläffend bellen“. Meist ist es aber auf menschliche Äußerungen übertragen und bedeutet „laut schimpfen“, „schreien“, in der Gegend um München aber auch „(stoßend) husten“.

Blodan:

Eine Blatter (gesprochen Blodan) ist im Bairischen die Bezeichnung für eine Blase, etwa ein Hautbläschen oder die Harnblase. Das Standarddeutsche kennt das Wort meist nur noch als Mehrzahlform Blattern in der speziellen Bedeutung „Pocken“ – der fast ausgestorbenen Infektionskrankheit.

Brennsuppn:

„I bin ned auf da Brennsuppn dahergschwumma“ – sagt jemand, der betont, dass er nicht dumm ist, altmodisch denkt oder aus ärmlichen Verhältnissen stammt. Erklärung: Eine Brennsuppe war eine einfache Mahlzeit, bei der Mehl in Fett angeschwitzt und dann mit Wasser aufgekocht wurde. Ein arme-Leute-Essen.

Bschoadtiachal:

Das „Bescheidtücherl“ geht auf einen alten Hochzeitsbrauch in Bayern zurück: Früher war es üblich, dass die Hochzeitsgäste einen Teil des Hochzeitsmahls – den Bescheid – für sich oder die Daheimgebliebenen in einem Stück Stoff (Tiacherl) mit nach Hause nahmen. Der Bescheid war der Teil des Essens, der jedem Gast beschieden war.

Dorad:

Torecht (gesprochen dorad) ist eine bairische Nebenform zu töricht und bedeutet vor allem „schwerhörig, taub“, aber auch „störrisch“. Das Wort ist mit Tor verwandt, das ursprünglich einen umnebelten, verwirrten Menschen bezeichnete, wovon sich einerseits die standarddeutsche Bedeutung „dumm“, aber auch die bairische „taub“ herleiten lässt.

Foam:

Feim ist ein altes deutsches Wort für „Schaum“, das sich auch im Bairischen erhalten hat. Im Hochdeutschen kennt man es noch in abgefeimt. Als abgefeimt gelten Menschen, die in unmoralischer Weise schlau sind. Ursprünglich bedeutete aber abgefeimt eher das Gegenteil, nämlich „gereinigt vom schlechten Schaum“.

Gscheithaferl:

Gscheithaferl bezeichnet einen Besserwisser. Haferl ist die Verkleinerungsform von Hafen („Topf, Gefäß“) und bedeutet folglich „kleinerer Topf, große Tasse“. Wenn man jemanden ein Gscheithaferl nennt, vergleicht man ihn mit einem Gefäß, das voll von Gescheitheit ist.

Gspusi:

Als Gspusi bezeichnet man ein Liebesverhältnis (die ham a Gspusi miteinand) sowie den oder die Geliebte(n) selbst. Ins Bairische ist das Wort durch das Italienische gekommen. Dort ist sposa die Braut, sposo der Bräutigam.

Gwampert:

Dieses Eigenschaftswort bedeutet „dick“, „fettleibig“. Wampe, von dem der Begriff abgeleitet ist, kommt, wie die Variante Wamme, schon in Texten des 8. Jahrhunderts vor und bedeutet dort „Bauch“, „Mutterschoß“. Es kommt wohl aus dem Germanischen, seine weitere Herkunft ist unklar.

Haderlump:

Der Ausdruck bezeichnet einen liederlichen Menschen. Der erste Wortteil Hader ist eine alte Bezeichnung für „Stoffabfall, Lappen“, die wohl nicht mehr überall verstanden wurde. Zur Verdeutlichung fügte man daher den zweiten Teil Lump an, was nichts anderes als Stofflappen bedeutet. Eine Art Verdoppelung. Haderlumpen sind aber auch Leute, die zerschlissene Kleidung tragen – und denen man ein betrügerisches Verhalten zuschreibt.

Hai:

„Heit is hai“ bedeutet, dass die Straßen vereist und schneeglatt sind. Hähl (gesprochen hai) bedeutete schon im Mittelalter „schlüpfrig, glatt“.

Irta und Pfinsta:

Die Wochentagsnamen Irta für „Dienstag“ und Pfinsta für „Donnerstag“ gehören zu den wenigen überlebenden gotischen Lehnwörtern, die vor allem in die bairischen Mundarten gedrungen sind. Beide Namen kommen aus dem Griechischen. Irtag ist nach Kriegsgott „Ares“ benannt, Pfinsta entspricht dem griechischen pempte hemera „fünfter Tag“.

Jessasmarand:

Dieser Ausruf der Überraschung ist aus der Formel Jesus, Maria und Josef entstanden. In den entsprechenden Situationen werden gerne diese Namen oder die anderer Heiliger ausgesprochen und dabei häufig bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, um sich nicht des sündhaften Fluchens schuldig zu machen.

Kracherl:

Kracherl ist ein älterer bairischer Ausdruck für „Limonade“. Früher hatten Limo-Flaschen eine Glaskugel, die durch die Kohlensäure nach oben gegen den Flaschenhals gepresst wurde. Beim Öffnen musste man diese Kugel nach unten in die Flasche hineindrücken, das plötzliche Austreten der Kohlensäure machte ein krachendes Geräusch, daher der Name.

Kraigodern:

Der Krällgattern (Kraigodern) ist eine scherzhafte Bezeichnung für die Zither. Krällen (gesprochen krain) bedeutet „kratzen, scharren, mit den Krallen bearbeiten“; der Gattern – im Bairischen meist mit männlichem Geschlecht – ist dasselbe wie hochdeutsch das Gatter. An ein solches Tor mit Querstangen erinnern die Saiten einer Zither, die der Zitherspieler mit seinen Fingernägeln (Krallen) zupft.

Lattirl:

Lattirl sagt man in Oberbayern zu einem dummen oder ungeschickten Menschen. Die Herkunft des Wortes ist unsicher: Lattirl könnte die Verkleinerung von Ladiner sein. Die Ladiner sind eine Volksgruppe in Südtirol mit eigener romanischen Sprache. Daher wurden sie von ihren Landsleuten oft nicht so recht verstanden und fälschlicherweise für begriffsstutzig oder sogar dumm gehalten.

Fortsetzung folgt!

Julia Lenders

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