Bären, Affen und Feuerhasen: Das Steiff-Schaufenster verzaubert München

Mitten in München Weihnachten fühlen: Wie geht das? Mit einem Stapel an Packerl auf Geschenkejagd durch rappelvolle Läden? Wohl kaum. Beim Runden drehen über die Eisbahn am Stachus? Schon eher. Mit Bratwurst in der einen und Glühweinhaferl in der anderen Hand? Durchaus möglich.
Weihnachtliches Staunen am Marienplatz
Ein sicherer Tipp: An den Steiff-Schaufenstern des Galeria-Kaufhauses am Marienplatz spürt man die Kraft des weihnachtlichen Staunens. Von München bis Malaysia, mit Kinderwagerl oder Rollator, vom sonst eher emotionalen Eisblock bis zur warmherzigen Kuschelkatze: Hier kommen Menschen zusammen, um sich einfach nur zu freuen. Ein Nachmittag vor einer Glasscheibe, bei dem am Ende auch die Augen etwas Glasiges bekommen.
"Papa, warum können sich die Kuscheltiere bewegen?", fragt Felicitas (4) verblüfft. Ein kastanienbrauner Teddy verarbeitet Austern, zwei Affen kurven auf Skateboards, ein Hase mit Schlappohren schürt ein wärmendes Feuerchen. Vor der Scheibe ist es kalt, der Atem von Felicitas beschlägt, als sie die Nase fest ans Schaufenster drückt. Aus ihrem violetten Rucksack linsen die Knopfaugen eines Teddys neugierig zu seinen Kumpanen hervor. "Das ist eben der Weihnachtszauber", antwortet der Papa ganz pädagogisch.

Genauso gefangen von der Weihnachtsmagie ist die um fast acht Jahrzehnte ältere Christine Schermann (82). "Hierher zu kommen, gehört zum Pflichtprogramm vor Weihnachten", findet Schermann. Eine Viertelstunde steht sie ergriffen da und lässt den Blick über alle Details schweifen.

Die Geschichte der Steiff-Tiere
Die bärig-flauschigen Begleiter mit dem Knopf im Ohr begeistern auch die Generation, die inzwischen selber teils einen Knopf im Ohr trägt.

Das Markenzeichen des Weltkonzerns aus Giengen an der Brenz geht auf eine Dame im Rollstuhl zurück, deren steife Glieder sie nach einer Kinderlähmung in den Rollstuhl zwangen. Die schwäbische Tüftlerin Margarete Steiff gründete 1880 die Kuscheltier-Dynastie mit einem "Elefäntle".
Vom "Elefäntle" zum "Teddy"
Die ersten Stoffbären hießen noch gar nicht Teddy. Das kam erst 1902 durch den damaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt (Spitzname "Teddy"). Kein aufgebundener Bär, sondern eine wahre Begebenheit: Der hatte sich auf der Jagd geweigert, auf einen angebundenen Bären zu schießen. "Teddy’s Bear" war der "Washington Post" eine Karikatur wert. Der Spitzname war geboren.

Das diesjährige Schaufenster-Motto
Das diesjährige Schaufenster-Motto "Deutschlandreise" zeigt das pralle Leben: Ein Opa schmaucht Pfeife und schmökert Zeitung (Schlagzeile der "Steiffianer Zeitung": Riesenkänguru entlaufen), Bären im Wirtshaus genießen beim Kartenspielen bärenstarkes Bier, ein Teddy verarztet einen anderen mit einem Pflaster. Die Schaufenster-Aktion gibt es am Marienplatz schon seit rund 50 Jahren. In fünf der weiteren 82 Galeria-Standorten in Deutschland kann man Ensembles unter Mottos von B wie Bärenland bis Z wie Zoo bestaunen.

"Wahnsinn, die haben sogar die ganz alten Teddys da", freut sich Doris Luff. Dass die 53-jährige Stofftier-Spezialistin ist, verrät nicht nur ihre hellbraune Teddyfell-Jacke, sondern auch ihr Fachwissen: "Die Teddys wurden mit der Zeit immer realistischer."

Jetzt ist die Bad Tölzerin in ihrem Element. Sie erzählt von ihrem Steiff-Igel, ihrem ersten Tier der Marke, und ihrem weißen XXL-Tiger. Stattliche 50 Plüschtiere bilden zu Hause ihren Schmuse-Schatz. "Ein ganz schön teures Hobby", wirft Ehemann Hermann Luff ein. Wenigstens muss er nie groß überlegen, was er seiner Frau unter den Baum legen soll: Über ein Steiff-Tier als Geschenk freut sie sich immer.
Vor den Festtagen mag Petra Axer ihren Enkel Felix Appel gar nicht zu sehr verwöhnen. Trotzdem hat der Vierjährige ein feuerrotes Samurai-Schwert abgesahnt. Doch das ist jetzt gar nicht mehr so interessant. Felix starrt mit großen Augen auf den Kuscheltier-Kosmos. Sein Bär "Bobo" liegt daheim in Neufahrn. "Hierher zu kommen ist einfach eine Tradition, die ich an meinen Enkel weitergeben will", erklärt Petra Axer.

Auch wenn er selbst keine Kuscheltiere mehr im Bett braucht, an seinen Igel "Mecki" erinnert sich Ulrich Nießen nach Jahrzehnten noch gerne. Er ist extra aus Icking (Landkreis . Bad Tölz-Wolfratshausen) für die Ausstellung angereist. Sein Favorit? Der lässig auf einer Bank sitzende Affe mit Matrosenmütze. "Der macht es richtig. Man muss das Leben genießen."

Nächste Steiff-Dekostation: Im Hotel "Vier Jahreszeiten Kempinski" an der Maximilianstraße ist alles winterlich dekoriert. Wer eintritt, wird nicht nur vom Portier, sondern von einem lebensgroßen Steiff-Bär zwischen zwei Christbäumchen begrüßt. Links hinten in der Hotellobby leuchtet der fünf Meter große Prachtbaum aus dem Bayerischen Wald. Der Clou: Neben den goldenen Christbaumkugeln hängen Steiff-Tiere. Auch unter dem Baum wimmelt es vor Eulen, Eichhörnchen oder Dachsen. Carolin Grove-Skuballa, Leiterin der hoteleigenen Kommunikationsabteilung, ist gebürtige Münchnerin.
Ein Hauch von Nostalgie
Schon als Kind war sie fasziniert von der Steiff-Schau am Marienplatz und hatte selbst eine Giraffe der Marke daheim. "Sie werden lachen: Gerade spielt meine Tochter neben mir auch mit Steiff", erzählt Grove-Skuballa beim Telefonat. "Heuer haben wir uns für das Thema ,Wald’ entschieden." Seit sechs Jahren arbeiten das Hotel und die Kuscheltier-Hersteller zusammen und lassen bis zu 200 Tiere von der Tanne baumeln.
Wie viele es im Steiff-Schaufenster sind? Gezählt hat die AZ-Reporterin 116. Wer nachzählen mag: Das Steiff-Schaufenster wird bis zum 8. Januar bleiben.