AZ-Serie Von der Straße: Das Haidhauser Stückerl Balanstraße
München - Vom verkehrsreichen Rosenheimer Platz bis an den Stadtrand kurz vor Neubiberg – die Balanstraße gehört wohl zu den längsten Straßen der Stadt und durchquert gleich drei Stadtbezirke. Ihren Anfang nimmt sie in Haidhausen: vom Rosenheimer Platz bis zur Auerfeldstraße.
Das Viertel ist hier beschaulicher als im schicken Franzosenviertel jenseits der Rosenheimer Straße und man möchte meinen, auch ein kleines bisserl ursprünglicher.
Die meisten Häuser stammen aus dem 19. Jahrhundert, hier gibt es noch ein paar echte Hinterhof-Werkstätten, außerdem einen Buchladen, in dem man auch Wein kaufen oder Kaffee trinken kann und der dank eines Anti-Amazon-Wutaushangs zur Internetberühmtheit wurde (Buch Lentner, Nr. 14).
In der Nummer 17 unterhält das psychosoziale Projekt Kontakt-Tee eine Begegnungsstätte, bei "Blickfang" (Nr. 23) kann man Gebärdensprache erlernen. In der Nummer 28 ist das Alten- und Servicezentrum Au. Reichlich Gastronomie hat es auch. Von der Augustiner-Gaststätte "Simplicissimus" (Nr. 12), über die sizilianische Tagesbar Trinacria bis zum Familienristorante "Tassilo da Sebastiano" (Nr. 34).
Und wo heute das "Teatro" Tapas serviert (Nr. 23), war von 1976 bis 1997 das Theater Drehleier. Bei aller Beschaulichkeit, oft ärgert der Schleichverkehr aus der Rosenheimer Straße, der gerne übersieht, dass hier Tempo 30 gilt. Ebenso ärgerlich sind die in Rad- und Fußweg geteilten Gehsteige, die für diese Doppelnutzung viel zu schmal sind.
Balanstrasse 10: Heiße Eisen im Hinterhof
Nur das Zunftzeichen am Tor verrät die Werkstatt im Hof. Foto: my
Wer zum Beispiel ein neues Balkongeländer braucht, ist bei der Stahlbaufirma Wanner richtig. Versteckt im Hinterhof findet sich hier noch eine Schmiede, auch, wenn in der nicht mehr geschmiedet wird. Die AZ hatte schon einmal über die Werkstatt berichtet, genau wie über einen Schildermaler nebenan. Die Wanners sind alteingesessene Haidhauser, die Werkstatt haben sie seit 1909, und sie erinnern sich an viele Handwerker und Läden, die es hier früher gab.
Balanstrasse 19 und 16: Bei Martha und Giancarlo
Haus Nr. 19: Hier wohnte und wirkte „die Hausmeisterin“. Foto: my
Die "Polizeiinspektion" ist nicht die einzige TV-Berühmtheit, die die Balanstraße zu bieten hat. In der Nummer 19 nämlich, da wohnte und wirkte "Die Hausmeisterin" Martha Haslbeck (Veronika Fitz). Von 1987 bis 92 entstanden drei Staffeln der beliebten Serie rund um die Hauptfigur, ihre Familie und die Hausgemeinschaft.Egal ob Marthas Tochter Christa und ihr Mann Bertl (Bettina Redlich und Ernst Cohen), ihr betreuungsintensiver Ex-Mann Josef, alias Josef-Bärli, mit seiner zweiten Frau Ilse, alias Ilse-Hasi, (Helmut Fischer, † 1997, und Ilse Neubauer), sie alle sind bis heute Kultfiguren.
In der Serie sind viele Orte in Haidhausen zu erkennen, besonders oft aber "der Giancarlo" gleich gegenüber, die Stammkneipe eigentlich aller Serienfiguren. Wie im Haus Nummer 19 wurde auch hier wirklich gedreht. Die Adresse des Wohnhauses wird auch in einigen Folgen genannt.
Die Fassade der Nummer 19 sieht heute schicker aus als in der Serie, im Haus sind auch Büros. 2015 gab’s einen Fassadenpreis der Stadt. Beim "Giancarlo" ist heute die bayerische Wirtschaft "Klinglwirt", deren Entstehungsgeschichte die Wirtin wiederum in einem Buch verewigt hat und deren Schweinsbraten manche als den besten der Stadt preisen.
Balanstrasse 21: Die ultimative Boazn
Das Balan in der Nr. 21. Foto: my
Das Balan war schon eine coole Boazn bevor Boazn plötzlich cool wurden. Unprätentiös, gemütlich und voll mit lustigem Krusch hatte Wirtin Doro als eingefleischter Fan hier lange Jahre alle Spiele des FC St. Pauli gezeigt, außerdem durfte man seine eigene Musik mitbringen.
Heute heißt der Wirt Jak, die Inneneinrichtung ist entschlackt und es gibt auf jeden Fall den TSV 1860. Wie im Biergarten darf das Essen mitgebracht werden, denn in der Trinkstube gibt es nur Getränke. Das Balan soll eine Mitmachekneipe sein, Ideen sind willkommen. Außerdem ist jetzt länger geöffnet (Montag bis Freitag bis 0 Uhr, samstags bis 2 Uhr).
Damals wie heute kann man im Balan auch Geburtstag feiern, Karten spielen, auf dem Bankerl vor der Tür das gemächliche Treiben in der Straße beobachten oder an der Theke verhocken. Ab und zu gibt’s im Balan auch kleine Konzerte oder DJ-Sets.
Balanstrasse/Bazeillesstrasse 21: Auf der Polizeiinspektion 1
Hier waren Schöninger, Heinl und Moosgruber dem Verbrechen auf der Spur. Foto: my
Fernsehzuschauer der späten 70er und 80er könnten dieses Haus wiedererkennen, zumindest, wenn man im Vorbeigehen ins Innere des Erdgeschosses spitzt. Wo heute ein Architekturbüro ansässig ist, wurde von 1977 bis 88 die beliebte BR-Vorabendserie "Polizeiinspektion 1" gedreht.
Unvergessen Walter Sedlmayr († 64) in der Hauptrolle des gnädig-grantelnden Franz Schöninger, der seine Frau (Bruni Löbel, † 85) nur „Mama“ nennt. Elmar Wepper und Uschi Glas als TV-Traumpaar Helmut und Ilona Heinl und Max Grießer († 71) als Kollege Bertl Moosgruber.
Das Haus hat die Adresse Bazeillesstraße 21, der Eingang zur "Inspektion" ist aber auf der Balanstraße. Diese Seite des Hauses ist auch in der Serie zu sehen. Ebenfalls oft im Bildhintergrund: Eine Tankstelle gegenüber – die gibt’s längst nicht mehr.
Balanstrasse/St.-Wolfgangs-Platz: St. Wolfgang vereint alt und neu
Der Innenraum der Kirche St. Wolfgang. Foto: my
Die Pfarrkirche St. Wolfgang hat für den Besucher eine Überraschung parat. Ihr Turm, in dem es regelmäßig läutet, sieht wie ein recht klassischer Kirchturm aus, das eigentliche Kirchengebäude dahinter aber ist ein ungewöhnliches – innen wie außen.
Die Kirche, die mit St. Johann Baptist und St. Elisabeth zum katholischen Pfarrverband Haidhausen gehört, wurde ursprünglich zwischen 1915 und 1920 von Hans Schurr im neubarocken Stil erbaut. Schurr war ein Schüler vom Baumeister des Neuen Rathauses Georg Hauberrisser, und baute auch St. Joseph am Josephsplatz und Maria Schutz in Pasing.
Alte Fotos zeigen einen prunkvollen Innenraum, doch die Pracht währte nicht lange: die Kirche wurde in den Bombennächten im Oktober 1943 und April 1944 fast komplett zerstört, nur der Turm blieb stehen.
20 Jahre lang wich die Gemeinde auf eine Notkirche in einer Traktorenfabrik gleich neben dem Pfarrhaus aus. Erst 1964 bis 66 wurde die Kirche von Michael Steinbrecher, der auch die Mariahilfkirche wieder aufbaute, neu errichtet, der Turm einzeln daneben rekonstruiert. Statt barockisierender Schnörkel ist die Kirche nun innen wie außen ein schlichter Betonbau, dafür mit viel Licht im Innenraum.