AZ-Meinung: Demos in München - Genug bewiesen
Wenn Menschen an München – oder vielmehr: an den Münchnern – etwas auszusetzen haben, dann diese Mischung aus Selbstzufriedenheit und Mia-san-mia. Jene großkopferte Attitüde, der wir, seien wir ehrlich, nicht immer gerecht werden. Diesmal aber liegt der Fall anders. München darf und die Münchner dürfen stolz sein.
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Darauf, dass in der Stadt seit Monaten Zeichen gesetzt werden für ein friedliches Miteinander, egal ob es um Nationalität oder Religion geht.
Darauf, dass viele in einer prosperierenden Stadt bereit sind, zu teilen mit Menschen, die alles verloren und zurückgelassen haben.
München selbstzufrieden? Selbsbewusst!
Darauf, dass zwei Tage vor Heiligabend 25 000 Münchner auf den Max-Joseph-Platz gegangen sind und seither Zigtausende immer wieder montags zum Sendlinger Tor. Die Friedenskette mit 15 000 Teilnehmern ist ein erneutes Fanal gewesen, das zeigt, wie diese Stadt tickt. Nicht selbstzufrieden, sondern selbstbewusst haben Münchner demonstriert. Für das, was sie wollen. Und eben nicht gegen das, was sie nicht wollen.
Der Pegida-Ableger Bagida – eine Ansammlung von Islamgegnern, Ausländerhassern, Angstbürgern und Rechtsextremisten – darf sich zwar zugute halten, durch seine Montagsmärsche den Zeittakt für viele dieser Demonstrationen vorgegeben zu haben. Mehr aber nicht.
An der jüngsten Versammlung der selbsterklärten „Volks“-Bewegung nahmen gerade noch 350 Personen teil. Diese Schätzung ist noch wohlwollend angesetzt von der Münchner Polizei, die sonst in all den Wochen weitgehend vorzügliche Arbeit verrichtet hat. Dass wöchentlich bis zu 1000 Beamte frierend Dienst (und Überstunden) schieben, um Bagida-Märsche zu schützen, ist angesichts deren schwindender Relevanz und Teilnehmer kaum mehr zu rechtfertigen.
Bagida hat selbst bewiesen, dass sie eine erhöhte Aufmerksamkeit in München nicht mehr verdient. Die hat am Montag in Alfred Röck einen Redner aufgeboten, der Gegendemonstranten zur Strafe „16 Peitschenhiebe auf den nackten Arsch“ verordnen will. Und den ewigen Michael Stürzenberger. Der Rechtspopulist der „Freiheit“ hat vor Wochen noch erklärt, er halte sich bei Bagida im Hintergrund. Tatsächlich bestreitet er die meiste Redezeit und agitiert in Nazi-Parolen: „Gebärstrategien“ bei Ausländern, „Volksverräter“, „Lügenpresse“. Er hetzt gegen die Stadt und nennt CSU-Bürgermeister Josef Schmid einen „Islam-Arschkriecher“. Das ist eine Beleidigung und ein Verfahren wert. Aber derlei Aufmerksamkeit ist Stürzenberger nicht zu gönnen und Bagida auch nicht. Sie sind große Gegendemonstrationen nicht (mehr) wert. München muss ihnen nichts beweisen.
Denn München hat schon etwas bewiesen. Sogar eine ganze Menge. Darauf darf man schon mal stolz sein.