AZ-Kochwettbewerb: Jury-Mitglied Christian Jürgens im Interview
Passen Sterneküche und bayerische Küche zusammen? Zwei-Sterne-Koch Christian Jürgens über bayerische Küche und den großen AZ-Koch-Wettbewerb, den er als Jury-Mitglied begleitet.
Einmal mehr heimste er höchste Auszeichnungen ein. Letzte Woche bekam Küchenkünstler Christian Jürgens wieder zwei begehrte „Michelin"-Sterne. Die strengen Tester der Feinschmeckerbibel „Gault Millau" kürten ihn diese Woche mit sensationellen 19 Punkten (die insge-samt nur acht Köche in Deutschland erhalten haben): „Höchstnote für die weltbesten Restaurants“! Beim AZ-Koch-Wettbewerb gehört der Küchenchef des luxuriösen Tegernsee-Hotels „Überfahrt" der „Althoff Collection“ zur Jury. Wir sprachen mit Christian Jürgens.
AZ: Herzlichen Glückwunsch zu diesen Top-Bewertungen. Für den „Gault Millau" sind Sie diesmal sogar der beste bayerische Koch. Die Tester des Gourmet-Führers schreiben über Sie: „Kein anderer in Bayern kocht so spannungsreich, so innovativ.“
CHRISTIAN JÜRGENS: Ja, danke. Das ist schon eine große Ehre und Freude, wenn man sowas über sich liest.
Bayerische Küche und Sterneküche: Passt das zusammen?
Natürlich! Wenn wir Deutschen Esskultur haben, so ist sie in Bayern zu suchen! Gerichte wie Fleischpflanzerl oder geschmorte Rinderschulter hat ja einst schon Eckart Witzigmann, der „Koch des Jahrhunderts", im legendären „Aubergine" serviert.
Ihre Rinderschulter wird ganze 30 Stunden lang butterzart geschmort, mit Entenleberparfait und einem Salat aus Trüffel angerichtet...
...weil es mir wichtig ist, auch die großen Klassiker mit Kreativität, Liebe und großer Sorgfalt zum Produkt weiterzuentwickeln. Ein saftiger Schweinsbraten mit röscher Kruste ist einfach wunderbar. Doch auch dieses bayerische Nationalgericht bietet genügend Spielraum, um etwas Neues zu entwickeln, zu hinterfragen - wobei ich den Klassiker in bester Zubereitung und Produktqualität niemals missen möchte.
Wo gibt’s beim Schweinsbraten Platz für Kreativität?
Aus den klassischen Semmelknödeln kann man beispielsweise auch hauchdünne Knödelscheiben schneiden, diese in der Pfanne kurz anrösten und dann wie eine Lasagne mit einem Pilzragout füllen. Saucen müssen nicht unbedingt mit Mehl gebunden werden. Püriertes Gemüse oder Öle können diesen Zweck genauso erfüllen und sind für den Körper noch tolle Vitaminlieferanten. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn die Basis stimmt.
Man zunächst mal einen guten Schweinsbraten, eine geschmorte Rinderschulter, Rouladen oder ein Gulasch hinbekommt?
Ja, genau. Ohne dieses Handwerkszeug, dieses Grundwissen gibt's keine Kür!
Was sollten die AZ-Leser bei Ihren Wettbewerbs-Rezepten beachten?
Sie sollten auf Effekthascherei verzichten. Es muss zum Beispiel nicht überall Eisenhut hinein. In jede Sauce muss auch nicht Balsamico-Essig, in jede Suppe nicht unbedingt Chili oder Zitronengras. Ich wünsche mir eigene Ideen und Interpretationen. Dafür genügen durchaus auch einfache Zutaten. Eine Tellersülze könnte man beispielsweise doch mal ohne Fleisch zubereiten – und mit einem Radi lässt sich auch weit mehr machen, als ihn nur aufzuschneiden und zu salzen.
Worauf achten Sie als Jury-Mitglied ganz besonders?
Für mich ist entscheidend, dass die Rezepte eine persönliche Note haben, gut ausgearbeitet und nachvollziehbar sind. So lässt sich eine Vorauswahl treffen. Ob die Rezepte der Top 10 das halten, was sie versprechen, wird sich aber erst beim Kochen zeigen. Be-schriebenes Papier lässt sich leider nicht schmecken.
Interview: Annette Baronikians
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- Gaststätten und Restaurants