AZ hilft Kindern: Bianca liebt Noah – so wie er ist
"Wünsche werden wahr" - mit der Aktion hilft die Abendzeitung Kindern. Unterstützung braucht auch das Projekt allfa beta, das Mütter mit behinderten Kindern den Rücken stärkt.
Noah hat im Babymassage-Kurs nur geweint; mit sechs Monaten konnte er den Kopf nicht heben. Irgendwann stand fest: Das Kind ist nicht nur entwicklungsverzögert, sondern massiv behindert. Geistig und körperlich. Warum? Konnte keiner sagen. Fünf Jahre hat sich seine Mutter nonstop um ihn gekümmert, sie war nie im Theater oder Kino. Bianca Brand sagt: „Ich muss halt doch immer bei Noah sein.“ Dann erfuhr sie vom Projekt allfa beta, das alleinerziehende Mütter mit behinderten Kindern unterstützt. Seither hat sich einiges geändert im Leben von Bianca.
Alleine mit behindertem Kind – eine Riesenbelastung, die zudem die Gefahr birgt, dass die Mutter-Kind-Bindung zu eng wird und „eine Symbiose mit Schattenseiten entsteht“ – wie Johanna Kürzinger sagt vom Verein siaf e.V., der das Projekt allfa beta trägt. Für die Betroffenen ist die Situation sehr schwierig: Traut man sich, wütend zu sein auf das kranke Wesen? Erlaubt man sich auch mal eine Auszeit? Merkt man noch, wie ausgepowert man ist?
Der Jour fixe im Café Glanz in Haidhausen gibt ihnen einmal im Monat Kraft. Hier werden auch mal die Mütter verwöhnt bei Kaffee und Kuchen, eine professionelle Sozialpädagogin hört zu, berät und stärkt den Rücken. In dieser Zeit werden die Kinder ebenfalls professionell betreut. Für drei Jahre konnte Geld aufgetan werden für das Projekt, das auch Wochenendfahrten und Freizeiten beinhaltet – aber diese drei Jahre sind 2010 vorbei. Die Weiterfinanzierung von allfa beta ist noch völlig offen. Mit Hilfe der AZ-Leser könnten immerhin die offenen Treffen ein Jahr lang weitergeführt werden.
Als Außenstehender stellt man sich vor, am runden weißen Tisch im hellen Raum in der Sedanstraße würde vorwiegend geklagt. Über den anstrengenden Alltag mit dem kranken Kind. Die dauernden Arztbesuche. Die ignorante Umgebung. Das Wegbrechen alter Freundschaften. Und das Schicksal, vom Vater des Kindes verlassen worden zu sein, weil das Kind behindert ist.
Aber bei den Treffen geht es sehr viel um positive Erlebnisse. Was Bianca fehlt im Leben draußen: Die Freude über ihren Sohn zu teilen, von Fortschritten und schönen Erlebnissen zu berichten. Etwa dass Noah, inzwischen sechs Jahre alt, letztens mit Hilfe seines Sprachcomputers formuliert hat: „Oma, ich hab’ dich lieb.“
Derweil kann man die Frauen nur bewundern, wenn sie jetzt der Reihe nach ihre Geschichten erzählen: Wie sie das überhaupt alles schaffen.
Uli zum Beispiel, sie lebte mit Mann und zwei gesunden Töchtern ziemlich schön in der Starnberger See-Gegend. Sie kriegten noch ein Nesthäkchen, Michael. Aber der Junge hatte epileptische Anfälle, gegen die Medikamente nicht helfen. Dann stellte sich heraus, dass er auch geistig zurückgeblieben ist. Dann bekam Uli Krebs – und dann war er weg, der Mann und Vater.
Seinen Sohn hat er seit zwei Jahren nicht gesehen, es sei ihm nicht zuzumuten, einen Zwölfjährigen zu wickeln, erklärte er dem Sachbearbeiter im Jugendamt. Uli kämpft weiter – für sich, die Familie, den Sohn. Sie sagt: „Was für uns normal ist, ist für andere unvorstellbar.“
Bianca erzählt: „Das war so eine eigene Welt: Noah und ich.“ Mittlerweile, und das liegt auch an den Treffen im Café Glanz, ist diese Welt ein bisschen durchlässiger geworden. Bianca hat wieder Kontakt zu Noahs Vater, der seinen Sohn auch hin und wieder trifft. Sie will jetzt endlich ihr Studium (Deutsch und Englisch fürs Lehramt) abschließen. Und sie sammelt Spenden dafür, dass Noah nächstes Jahr eine Delphin-Therapie machen kann; die Hälfte des Geldes hat sie schon beisammen.Andrea Kästle
Benötigte Summe für die
monatlichen Treffen bei allfa beta: 5000 Euro
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