Auswanderin aus München betreibt Hotel auf Sansibar: Welche Gäste sie sich wünscht
Die AZ wartet auf einen Anruf aus Sansibar. Rund 10.000 Kilometer von München entfernt. Aber erst mal klingelt das Telefon nicht zur vereinbarten Zeit. Später stellt sich heraus: Stromausfall auf der tansanischen Insel. In Deutschland wäre das sehr ungewöhnlich, dort kann das schon mal vorkommen.
Melanie Sitter (37) hat sich längst daran gewöhnt, die Münchnerin ist im Mai 2021 auf die Insel im Indischen Ozean ausgewandert. Sie lebt seit vier Jahren dort, wo andere urlauben. Zwischen hauchfeinem Sand, türkisem Meerwasser und "Hakuna Matata"-Lebensgefühl.
Leben mit "Hakuna Matata"-Gefühl: Münchnerin lebt Traum auf Sansibar
Übersetzt heißt der Swahili-Spruch, bekannt aus "Der König der Löwen": "Es gibt keine Sorgen". Das sagt auch die 37-Jährige über ihre neue Heimat: "In Sansibar gibt es keine Probleme, es gibt nur Lösungen."
Mit der Auswanderung hat sich die gelernte Kauffrau für Bürokommunikation und später Selbstständige etwas getraut, womit viele in Deutschland liebäugeln. Einer aktuellen Yougov-Umfrage zufolge kann sich mehr als die Hälfte einen Neuanfang im Ausland vorstellen.

Sitter hat den Schritt nach Sansibar "noch kein einziges Mal" bereut. Das sagt sie ohne zu zögern. Die Energie, sie sei eine andere in Sansibar. "Die Leute sind nett, höflich und respektvoll." Im Gegensatz dazu fällt ihr auf: "In Deutschland ist jeder auf sich konzentriert und auch einsam." Während des Gesprächs hört man Sitter jemanden auf Swahili grüßen: "Mambo vipi!"
Wenn sie an Deutschland denkt, nimmt sie viele Menschen wahr, die gestresst, unzufrieden und überarbeitet sind. Aus diesem Kreislauf ist sie ausgebrochen.
So war ihr Start im Jahr 2021
Die zweifache Mutter hat sich mit ihren Kindern auf Sansibar ein neues Leben aufgebaut. Wie die AZ schon im Jahr 2023 erstmals berichtete, kündigte sie dafür alle Versicherungen, gab ihr Hab und Gut auf und kaufte für 5000 US-Dollar ein Grundstück im "Dschungel". Dort hat sie das Green Ocean Zanzibar Boutique Hotel gebaut.

Damals erzählte sie der AZ: "Mir wurde gesagt: Du baust einfach wie alle Sansibari: Immer wenn du ein bisschen Geld hast, investierst du in dein Grundstück." Das hat sie getan. Sie hat nun sogar fünf Mitarbeiter.
Mit dem naturnahen Green Ocean Zanzibar mit Retreat-Charakter startet sie aktuell in die neue Saison.

Die Unterkunft bei Jambiani hat mittlerweile zusätzlich ein Baumhaus in sieben Metern Höhe, wie sie weiter erzählt. Mit Netzplattform und "Blick in den Dschungel." Besonders beliebt sei dies bei Pärchen auf Flitterwochen.
Workshops, Remote-Angebot und mehr
Die Münchnerin sprudelt nur so vor Ideen, so hat sie sich zum Beispiel überlegt, auch für Remote-Arbeitende einen Platz im Green Ocean anzubieten. Der Arbeitstisch könne abends zum Barbecue-Möbel umfunktioniert werden. Um die Menschen zusammenzubringen, Ideen auszutauschen, in Kontakt zu kommen.
Sie entwickelt aktuell zudem neue Workshops. "Ich möchte den Touristen einen Mehrwert geben. Wir bieten Workshops an, die traditionelle Inhalte widerspiegeln wie selbst Strohkörbe zu flechten." Sitter findet: "Das ist auch ein schönes Urlaubsandenken: Man lernt etwas Neues, etwas Traditionelles - und kann es mit nach Hause nehmen."
Auch die Produktion von Kokosnussmilch sollen Einheimische den Gästen näherbringen. Oder wie Kokosnuss-Seil entsteht. Nah dran sein, das will die Wahl-Sansibari möglich machen. "Es ist eine Entwicklungsinsel", sagt sie. Die Straßen seien immer noch nicht gut, im vergangenen Jahr hätten sie viele Stromausfälle gehabt. Das gehört eben zu Sansibar dazu.
Kuriose Beschwerden und Insta-Touristen
Nicht allen ist das scheinbar bewusst. Sie hätten schon einmal Beschwerden von Gästen bekommen wegen der Stromausfälle oder aber, weil am Boden der Unterkunft Sand lag.

Wohlgemerkt auf einer Insel. Ebenfalls beobachtet Sitter Urlauber, die nur Fotos machen, diese bearbeiten und posten wollen. Perfekte Urlaubswelt für den Instagram-Tourismus. "Ich möchte das Green Ocean so darstellen, dass wir solche Leute nicht mehr anziehen, sondern solche, die an Afrika und Tansania interessiert sind."
Drama und Massai-Liebschaften? "Das findet man bei mir einfach nicht"
Vergleicht man Sitters Weg damit, was man in Sendungen wie "Goodbye Deutschland" häufig zu sehen bekommt, hört man auffällig wenig Drama heraus. Und auch keine Techtelmechtel etwa mit Massai. "Das findet man bei mir einfach nicht", sagt sie. Ihr ist auch wichtig hervorzuheben, dass sie nicht wegen eines Mannes ausgewandert ist.

Ihr Erfolgsrezept für die Auswanderung? "Ich mache mich nicht abhängig von anderen Leuten. Ich habe das alles alleine gemacht." Sie hat zum Beispiel kein Grundstück zusammen mit einem Einheimischen erworben. Sie sagt: "Das war zwar ein mega anstrengender Prozess und es war bei Weitem nicht immer einfach. Aber ich bin eine Kämpfer-Natur."
Ziel erreicht: Zeit für Familie, Kreativität und Freiheit
Auch in Sachen Korruption und Schmiergelder will sie Vorurteile ausräumen: "Man muss den Menschen mit Respekt und Freundlichkeit begegnen, dann muss man hier auch keine Schmiergelder bezahlen."
Sie wünschte sich damals in Deutschland mehr Zeit für ihre Familie, mehr Raum für Kreativität und Freiheit. All das hat sie erreicht, so ihre Bilanz. "Ich lege viel Wert darauf, nicht stehenzubleiben und mich weiterzuentwickeln, aber ich übergehe mich nicht mehr."
Beratungsstellen für Auswanderer in spe
Das Bundesverwaltungsamt bietet Anlaufstellen für all jene, die auswandern möchten. Das Raphaelswerk etwa berät "Menschen, die Deutschland dauerhaft oder befristet verlassen wollen". Oder auch solche, die wieder zurückkehren möchten.
Ebenfalls findet sich auf der Seite der Behörde ein Info-ABC – von der Abmeldung aus Deutschland, der Anerkennung von Abschlüssen bis hin zu Sozialversicherung, Steuern und Versicherungen: www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aufgaben/ZMV/Auswandern/Publikationen/Info-ABC.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Länderinformationen des Auswärtigen Amtes können zudem helfen, das jeweilige Zielland besser einschätzen zu können.
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