Ausgeflippt! Die Dinosaurier der Kneipen-Unterhaltung

Flipper sterben nie aus. Das beweist ein Blick in eine versunkene Welt: Die Spielgeräte überleben rudelweise in Vorort-Hallen, liebevoll gepflegt von Sammlercliquen, die der Faszination für die Kneipenkisten mit der Silberkugel bis heute erliegen.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Flipper "Laserball" mit der coolen Lady stammt aus dem Jahr 1979.
Volker Derlath Der Flipper "Laserball" mit der coolen Lady stammt aus dem Jahr 1979.

MÜNCHEN - Flipper sterben nie aus. Das beweist ein Blick in eine versunkene Welt: Die Spielgeräte überleben rudelweise in Vorort-Hallen, liebevoll gepflegt von Sammlercliquen, die der Faszination für die Kneipenkisten mit der Silberkugel bis heute erliegen.

Stefan Haberl kommt von den Kisten nicht los: Sechs Flipper besitzt der 42-jährige Bauingenieur, seine Lieblinge stehen in einer Halle in Ottobrunn. Rund 70 Flipper befinden sich dort, zusammengetragen von einer Sammlerclique. „Früher haben wir uns jeden Freitag getroffen, zum Spielen und Schrauben. Heute habe ich keine Zeit mehr.“ Heute hat Stefan Haberl zwei Kinder.

Was macht die Faszination der Geräte aus?

Flipper, die Kneipenkisten mit der Silberkugel, sind der Kult von früher. Heute überleben die Dinosaurier der Unterhaltung rudelweise in Vorort-Hallen. Den letzten Hype in der realen Welt gab’s um 1995 mit dem Gerät zum Film „Addams Family“. Nicht nur verwinkelte Ecken und lange Schussbahnen machten ihn zum Schmankerl: Es gab eine Geisterhand, die den Ball einfach aus dem Spiel nahm. Entertainment, das in Zeiten von Youtube und Counterstrike so harmlos wirkt wie die Geburtstagsparty in einer Krabbelgruppe. Was ist so faszinierend an den blinkenden und knackenden Geräten? „Es macht Spaß, solche Teile wieder zum Leben zu erwecken“, sagt Sammler Haberl. Und Josef Bannert, Kulturhistoriker und Flipperexperte, sagt: „Der Flipper ,Taxi’ etwa hat geklingelt und gehupt. Das ist einfach fröhlich.“ Von Bannert hat Haberl vor ein paar Tagen die Taxi-Kiste gekauft. Bald gehört sie zum Ottobrunner Rudel.

Ende der 70er war der Pinball-Hype am größten, doch 1999 waren die großen Hersteller Bally, Williams und Gottlieb verschwunden. Die digitale Automatenkonkurrenz war groß. Aber es kam auch zu einer besonderen Inflation: Das zu erreichende Punkteniveau schraubte sich immer mehr in den Millionenbereich – damit der Spieler ein neues Gerät verlangt. Die Rechnung ging nur kurz auf. Der Markt kollabierte.

Sammlerstücke kosten bis zu 14 000 Euro

Heute ist die Firma Stern der letzte Hersteller. Besonders geschätzt wird er nicht – denn früher steuerte präzise Militärtechnik die Spaßkisten. Oder es wurden besondere Geräte gebaut wie „Herkules“, der größte Flipper der Welt – dreifache Größe, als Ball hatte er eine Billardkugel. Bis zu 14 000 Euro kostet ein Sammlerstück, aber „für ein paar hundert Euro gibt’s auch welche“, sagt Experte Bannert. Das ist für Einsteiger. Fortgeschrittene wie Stefan Haberl haben noch „einen alten VW-Käfer in einer Garage und woanders lagert ein Motorrad“.

Katharina Rieger

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.