Aus dem Leben eines Süchtigen

MÜNCHEN - Der Schauspieler Karl Maslo war Jahrzehnte nach fast allem süchtig – Alkohol, Kokain, Heroin, Crack. In „Süchtig. Relativ komischer Stoff“ verarbeitet er seine Erfahrungen auf der Bühne.
Seine Sucht brachte ihn fast um: Jetzt spielt der Schauspieler Karl Maslo einen Süchtigen. „Süchtig. Relativ komischer Stoff“, heißt das Einpersonenstück von Mark Lundholm, ebenfalls ein Ex-Süchtiger. Am 13., 15. und 16. April und dann nochmal von 18. bis 22. Mai gastiert Maslo im Theaterzelt „Das Schloss“.
AZ: Herr Maslo, wie gut kennen Sie die Figur Mark, die Sie seit vier Jahren spielen?
KARL MASLO: Was ich spiele, habe ich selbst erlebt. Am Anfang war es ein Spaß: Koksen, Saufen gehörte zum Image eines Schauspielers und hat mich beflügelt. Meinen ersten Entzug habe ich 1981 gemacht, aber nicht begriffen, dass ich alkoholkrank bin. Ich hatte doch alles: Eine Freundin, Geld und beruflich spielte ich in der Bundesliga. Schon im Krankenhaus bin ich wieder süchtig geworden.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie ein Problem haben?
Das hat lange gedauert. Der Übergang von der Abhängigkeit zur Sucht ist fließend. Am Anfang kontrollierst du dein Leben mit Alkohol. Am Ende kontrolliert die Sucht dich. Mit der Zeit kamen andere Abhängigkeiten dazu: Ich war nach allem süchtig, außer nach Tabletten. Irgendwann hat mich die erste Freundin verlassen, war der Führerschein zum ersten Mal weg, war ich verschuldet. Ich habe viel verloren, vor allem Menschen, die mir lieb waren.
Kämpften Sie dagegen an?
Ich habe 14 Entgiftungen und vier Therapien gemacht und war schließlich 20 Wochen im Kloster. Dann kam der Nullpunkt: Ich hatte Angst vorm Tod. Ich war körperlich am Ende und seelisch so verzweifelt, dass ich nur noch heulte und betete. Plötzlich hatte ich Hoffnung, wusste ich habe noch eine Chance. Das war am 23. September 2003. Seitdem habe ich nie wieder Suchtdruck gespürt.
Was hilft im Kampf gegen Sucht?
Keine Ratschläge, nur ein starker Leidensdruck und professionelle Hilfe. Wenn jemand seinen süchtigen Partner nicht mehr erreicht, muss er ihn verlassen. Man muss begreifen: Sucht ist eine Krankheit, die zum Tode führt oder in den Knast.
Warum haben Sie das Kapitel nicht zugeschlagen, sondern arbeiten jetzt damit?
Ich sah das Stück „Süchtig“ und dachte: Hey, das ist mein Leben. Mein Beruf hat jetzt Sinn. Auch wenn es pathetisch klingt: Ich will der Gesellschaft etwas davon zurückgeben, was sie für mich getan hat. Das Stück hält mich clean und ich spüre viel Dankbarkeit.
Interview: V. Assmann