Auf offener Straße Auto gekapert

MÜNCHEN - Der Angeklagte hatte die Nase voll von München und wollte nach Prag. Dazu kaperte er einfach ein Auto. Doch seine Reise endete an der Grenze. Jetzt steht der 26-Jährige vor Gericht.
Tomasz S. (26) wollte weg aus München. Die Stadt war ihm zu „bieder“, außerdem gab’s in der Pension Ärger um seinen abgelaufenen polnischen Pass. Er kaperte im Drogenrausch auf offener Straße ein Auto – und raste davon. Seit Montag muss er sich wegen schwerer räuberischer Erpressung vor dem Landgericht München verantworten.
An der Kreuzung Lindwurmstraße/Sonnenstraße hatte an diesem 13. März um 22.28 Uhr ein VW Touareg an der roten Ampel gehalten. Der kam Tomasz S. gerade recht. Er öffnete zur Verblüffung des Autofahrers P. eine der hinteren Türen und warf seine beiden Taschen auf die Rückbank. „Du fahren, ich Polizei!“, schrie er. „Ich wusste nicht, was er meinte. Ob er Polizist ist oder ob er vor der Polizei auf der Flucht war“, berichtete P. gestern im Zeugenstand. Tomasz S. lief ums Auto herum. P. stieg aus, sah etwas längliches, glänzendes in der Hand des Polen und entschied sich in seiner Angst, dem Mann sein Auto zu überlassen und zum Gehweg zu gehen. Von dort beobachtet er, wie sich der Glatzkopf hinters Steuer setzte und davonfuhr. In Richtung Prag, wie er angab: „Meine Lieblingsstadt.“
Die Fahrt endete aber bereits in Furth am Wald. Der Pole wurde noch in der Nacht am Grenzübergang festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Er soll beim Genuss von Cannabis - wie kurz vor der Tat geschehen – zu Psychosen neigen. Ob ihm das vom Gericht angerechnet wird?
Sein Opfer litt lange unter Angstzuständen, scheint sich aber wieder gefangen zu haben. Eins aber ist P. geblieben: „Beim Fahren verschließe ich jetzt die Türen.“
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. jot