Auf der Jagd nach den "Radl-Rambos": Polizei kontrolliert Radfahrer in der Innenstadt
München - Bisserl frisch ist es noch am Dienstagmorgen in Schwabing. Es ist 7.30 Uhr, an der Kreuzung der Leopoldstraße auf Höhe der U-Bahn Giselastraße ist schon viel los auf den Radwegen. Was die vielen Radler nicht ahnen: Sie werden am Dienstag genau unter die Lupe genommen.
Handy am Lenker: Auch das gibt Bußgeld
An der Kreuzung verteilt stehen mehrere Polizisten und beobachten den Radverkehr. Um 7.40 Uhr fällt ihnen schon die erste Fahrradfahrerin auf, ein Polizist winkt und läuft zu ihr. Die Fahrerin verzieht schon verlegen das Gesicht und nimmt ihr Handy vom Ohr – sie weiß schon, was sie erwartet. Denn: Wie beim Autofahren ist das Handy am Steuer verboten. Das kostet mindestens 55 Euro Bußgeld.
"Sie sind über Rot gefahren"
Die Radlfahrer rauschen an den Beamten vorbei, sie sind auf dem Weg zur Arbeit, in die Uni oder bringen Kinder in die Betreuung. Manche haben es auch eilig und missachten dabei die ein oder andere Verkehrsregel.

"Sie sind über Rot gefahren", sagt einer der Polizisten zu einem Mann in Sakko und Sonnenbrille. "Aber nur ganz knapp", erwidert der, sein Fahrrad noch zwischen den Beinen. "Nein, sonst hätte ich Sie nicht angehalten", sagt der Polizist mit ernster Miene. Solche Szenen gibt es an diesem Morgen viele.
"Jeder muss auf jeden achten"
"Der Stadtverkehr ist herausfordernd", sagt Ralf Kästle, Pressesprecher der Polizei. Mit dem zunehmenden Radverkehr nehme auch die Komplexität zu. "Jeder muss auf jeden achten", sagt er. Ein großer Teil der Unfälle passiere durch Vorfahrtsmissachtungen. Trotz Regeln ist jeder Verkehrsteilnehmer dazu angehalten, aufmerksam im Straßenverkehr zu bleiben – auch Autofahrer, mahnt er. Das könne schließlich Leben retten.

Im vergangenen Jahr gab es laut Polizeiangaben in München 3438 Unfälle mit Fahrrädern und Pedelecs (E-Bikes), bei denen 3180 Personen verletzt und fünf getötet wurden.
Radunfälle: Ursachen oft schwer nachzuvollziehen
Bayernweit starben insgesamt 94 Menschen beim Radfahren – mehr als je zuvor. Erstmals wurden 2024 auf Anregung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) auch Hauptunfallursachen bei tödlichen Radverkehrsunfällen systematisch erfasst – die Auswertung ergab jedoch kein klares Bild.
In mehreren Fällen wurde etwa "Vorfahrt missachtet" als Ursache genannt, doch blieb unklar, ob dies durch Radfahrer oder andere Verkehrsteilnehmer geschah. Auch bei Stürzen ohne Unfallgegner seien die konkreten Ursachen oft nicht eindeutig. Gerade hier vermutet der ADFC, dass "die Beschaffenheit der Radwege eine Rolle spielte", heißt es in einer Mitteilung.
Polizei empfiehlt Helmtragen
Um das Bewusstsein und die Sicherheit von Radlern zu stärken, finden bis Anfang Juni Schwerpunktkontrollen in ganz Bayern statt. Dabei werden auch Autofahrer genau beobachtet.
Zusätzlich wird das Münchner Polizeipräsidium von Juni bis September an verschiedenen Orten Veranstaltungen anbieten, bei denen man sich zur Radfahrsicherheit informieren kann. Kästle empfiehlt – auch wenn es keine gesetzliche Vorgabe gibt –, einen Helm zu tragen. Kopfverletzungen könnten bei Stürzen schnell entstehen. "Gute Helme kann man heute überall günstig kaufen", so der Sprecher.

Radlerin findet: "Es trifft immer die Falschen"
Etwa die Hälfte der Radfahrer trägt am Dienstag tatsächlich einen Helm. An der viel befahrenen Kreuzung wird deutlich: Der Abbiegeverkehr ist ein Problem. Autos, Fußgänger, Busse und Radler kommen sich hier regelmäßig in die Quere. Fehler beim Überqueren der Straße sind häufig. Will man von der rechten Straßenseite aus über die Kreuzung nach links biegen, muss man einen Bogen fahren und damit zwei Ampeln überqueren. Das ist vielen entweder nicht klar – oder es dauert ihnen zu lange. Deshalb biegen sie direkt links ab – als Geisterfahrer.
Zahlreiche Fahrradfahrer werden deshalb am Dienstag von der Polizei gestoppt, darunter auch Katharina. "Meines Erachtens sind viele Fahrradfahrer schlimmer unterwegs", sagt sie zur AZ. Es ist das erste Mal, dass sie von der Polizei auf dem Fahrrad angehalten wird. 20 Euro kostet sie ihr Fehlverhalten. "Es trifft immer die Falschen", sagt sie genervt. Im Zweifel sollte man das Rad über die Kreuzung schieben, rät eine Polizistin vor Ort. Dann sei man auf der sicheren Seite – im übertragenen wie im wörtlichen Sinn.
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