Arzt 24 Jahre als linker Chaot gespeichert

Die Verfahren gegen Günter Wangerin endeten mit Einstellung oder Freispruch. Die Polizei will seine Akte aber nicht löschen.
Torsten Huber |
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Mit Ironie gegen den Krieg (v. l.): Eckhardt Zylla, Peter Brüning, Günter Wangerin und Wolfram P. Kastner.
Gregor Feindt Mit Ironie gegen den Krieg (v. l.): Eckhardt Zylla, Peter Brüning, Günter Wangerin und Wolfram P. Kastner.

 

Die Verfahren gegen Günter Wangerin endeten mit Einstellung oder Freispruch. Die Polizei will die Akte des Arztes nicht löschen.

München - Der Arzt Günter Wangerin (65) lebt Politik, ist auf Demos aktiv, lehnt sich gegen Neo-Nazis auf, schreibt Theaterstücke und eckt dabei auch schon mal mit der Staatsgewalt an. Die Quittung für sein Engagement bekam Wangerin jetzt vom Bayerischen Landeskriminalamt.

„Die führen seit 24 Jahren eine Kriminalakte über mich, obwohl alle Verfahren mit Einstellungen oder Freisprüchen geendet sind“, empört sich Wangerin. Sein Fehler: Am 14. 11. 2009 demonstrierte er gegen den „Heldengedenkmarsch“ von 154 Neo-Nazis in München und warf dabei zwei überreife Tomaten in Richtung der Braunen.

Das übliche Prozedere: Festnahme, Anzeige, Verfahren wegen versuchter Körperverletzung, Einstellung. „Ich dachte, damit sei der Fall erledigt“, so der Mediziner. Aber da dachte er falsch. Seine Kriminalakte reicht bis ins Jahr 1987 zurück: Verunglimpfung des Staates, Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Titelmissbrauch, weil er vor Jahren verkleidet als Soldat in der Fußgänger-Zone ein Tarn-Zelt, eine „Freiwilligen Soldaten-Erfassungsstelle“, aufgebaut hatte.

Wangerin: „Das war eine ironische Protestaktion gegen den Afghanistan-Einsatz deutscher Soldaten.“ Die Polizei fand es weniger lustig, machte eine Akten-Notiz. Am 31. Januar 2012 wäre die Akte Wangerin gelöscht worden. Durch den Tomatenwurf bleiben seine „Vergehen“ weitere 10 Jahre gespeichert.

In einem LKA-Schreiben heißt es: „Der betreffende Personenhinweis wird für Straftäter vergeben, bei denen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie eine Straftat aus linksorientierten politisch motivierten Beweggründen begangen haben.“

Und weiter: „Zur vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung ist die weitere Speicherung der personenbezogenen Daten erforderlich und verhältnismäßig.“ Gedeckt wird die Speicherung durchs Polizeiaufgabengesetzes (PAG). Auch rechtsorientierte Täter werden auf diese Art gespeichert. Juristisch mag Wangerin dagegen nicht vorgehen: „Sonst werde ich noch als Prozesshansel gespeichert.“ 

 

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