Arbeitslose und Flüchtlinge: Spart München am falschen Ende?
Arif Haidary ist mit 14 ohne Eltern von Afghanistan nach Deutschland geflohen. 2015 war das. Inzwischen ist er Vize-Chef des Münchner Migrationsbeirats und ausgebildeter Mediengestalter. Er hat einen deutschen Pass und will 2026 für Die Linke in den Stadtrat. Ein Musterbeispiel an Integration, könnte man sagen. Und doch hat Haidary nicht vergessen, wie es sich anfühlt, Briefe voller Behörden-Deutsch zu bekommen, die man nicht versteht. "Da braucht man Hilfe“, sagt er.

Haidary und Linken-Chef Stefan Jagel sehen es deshalb kritisch, dass die Stadt ausgerechnet bei der Asylsozialbetreuung sparen will. Zwar sind im Haushaltsplan 24 Millionen eingeplant. Ein Betrag, den so keine andere Stadt zur Verfügung stellt, wie SPD-Chefin Anne Hübner betont. Allerdings soll es dabei bleiben, egal wie viele Geflüchtete nächstes Jahr kommen, egal, wie sehr die Kosten steigen.
"Es könnte für den Steuerzahler sogar noch teurer werden"
Momentan muss ein Sozialarbeiter 100 Geflüchtete betreuen, in Zukunft werden es bis 140. Erzieher, die sich momentan in Unterkünften um 30 Kinder kümmern, sollen in Zukunft mehr als doppelt so viele im Blick haben. Auch die Zuschüsse für Fortbildungen und Dolmetscher kürzt die Stadt um die Hälfte. Haidary ist sich sicher, dass das alles dazu führt, dass sich Menschen schlechter integrieren. Und das könnte aus seiner Sicht für den Steuerzahler sogar noch teurer werden – weil die Geflüchteten dann eben länger auf staatliche Unterstützung angewiesen sein könnten.
Nicht nur Die Linke ist besorgt: "Wir befürchten eine massive Verschlechterung der Betreuungssituation für alle Menschen in Unterkünften“, lässt sich Karin Majewski, die Geschäftsführerin des Paritätischen in Oberbayern, zitieren. "Gerade Familien können wir voraussichtlich nicht mehr so unterstützen, wie es sinnvoll wäre. Die Anbindung an Schulen, Kitas, Kinderärzte und weitere Einrichtungen im Viertel wird nicht mehr möglich sein.“
Der Stadtrat hat die Kürzungen in einem Ausschuss bereits beschlossen. Nur Die Linke stimmte dagegen. "Für uns ist es ein Erfolg, dass wir in diesen Zeiten überhaupt 24 Millionen zur Verfügung stellen können“, sagt SPDlerin Anne Hübner. "Natürlich tut es mir Leid“, sagt Alexandra Gaßmann von der CSU. Allerdings seien es eben freiwillige Leistungen der Stadt. "Was sollen wir tun, wenn wir das Geld nicht haben?“
Grundsätzlich fordert Gaßmann allerdings, dass die Stadt – wenn sie schon im Sozialen sparen muss – das möglichst bei den Verwaltungsabläufen tut. Zum Beispiel müssten soziale Träger, wenn sie mehrere ähnliche Projekte in der Stadt haben, lauter einzelne Förderanträge stellen. Auch bei Mietkosten sieht Gaßmann ebenso wie Linken-Chef Jagel Potenzial. Schließlich hätten zum Beispiel manche Nachbarschaftstreffs noch freie Räume. Gaßmann hat dazu Anträge gestellt.
Diese Projekte stehen noch auf der Streichliste
Doch schon nächste Woche gehen die Kürzungen im Sozialbereich weiter. SPD-Wirtschaftsreferent Christian Scharpf schlägt vor, die Zuschüsse für zwei Arbeitslosenzentren einzustampfen, die zur Diakonie gehören. Es geht um rund 142.000 Euro. "Zwar leisten beide Beratungsprojekte eine sehr gute Arbeit für die Zielgruppe", schreibt das Wirtschaftsreferat. Allerdings bestünden "Doppelstrukturen". Das Jobcenter übernehme ähnliche Aufgaben.
Für beide Projekte will Scharpf 2026 als Übergang noch die Hälfte ausgeben. Danach droht den Beratungsstellen nach 40 Jahren das Aus. Etwa ein Drittel der Menschen, die von den Arbeitslosenzentren betreut werden, sind Geflüchtete. Fast 60 Prozent hätten keine berufliche Ausbildung. Der Kontakt mit dem Jobcenter sei gerade für Menschen schwierig, die noch nicht gut Deutsch sprechen, weiß Haidary. Wenn man bei einer Hotline landet oder Anträge mit einer App ausfüllen soll. Bei den beiden Arbeitslosenzentren sei das anders. Dort würden sich Berater persönlich kümmern.
Linken-Chef Jagel fordert, dass das Angebot bleiben muss. Auch SPDlerin Hübner und die CSUlerin Gaßmann wollen noch einmal darüber beraten.

