Applaus für den Verlierer: "Trotzdem eine geile Party"

MÜNCHEN - Sie haben sich heiser geschrien, gesungen und gelitten. Und am Ende standen sie nochmal alle auf und klatschten. Applaus für den FC Bayern, Standing Ovation für den Verlierer in der Allianz Arena.
„Natürlich ist das eine riesige Enttäuschung“, sagt Steffi aus Trudering, während ihr Freund sprachlos ins Leere starrt. „Es wäre so schön gewesen, gerade hier“, seufzt die Frau und schüttelt den Kopf, während auf den Videoleinwänden unter dem Dach der Allianz Arena noch einmal das Ergebnis des Champions League Endspiels eingeblendet wird: Inter 2, Bayern 0. Der Pott geht nach Mailand, nicht nach München.
60000 Fans waren am Samstag in die Allianz Arena gekommen, um ihren FC Bayern beim Public Viewing von zuhause aus zu unterstützen. Die Niederlage war bitter, die Party gigantisch.
Das Spiel flimmert auf den beiden 150 Quadratmeter großen Videoleinwänden unter dem Dach der Arena. Und es ist ein Event für die ganze Bayern-Familie und Fans aller Schattierungen: Von den treuesten Anhängern der Südkurve bis zu gewöhnlichem Party-Volk.
Für den fünfjährigen Julian Dierlmaier ist es sogar der erste Stadionbesuch überhaupt. „Wir mussten ihm erst erklären, dass normalerweise die Leute zum Fußball- und nicht zum Fernsehschauen herkommen“, sagt seine Mutter Susanne schmunzelnd. Er trägt die Niederlage mit Fassung – und will nach dem Schlusspfiff nur noch ins Bett.
Nicht immer galt die Allianz Arena als Ort, an dem die Emotionen überkochen. Samstagnacht ist sie ein Hexenkessel, ganz so als würde auf dem Rasen und nicht in Madrid der Ball rollen.
Die Südkurve peitscht die Mannschaft tapfer nach vorne. Dann das 1:0 für Inter – Entsetzen, geschockt schauen tausende Augenpaare auf die Leinwände. Keine Minute später singen die Fan-Chöre wieder. Erst nach dem 0:2 wird es ruhiger.
„Sie haben alles gegeben“, sagt Anne aus Altötting, während die letzten Fans das Stadion verlassen und zur U-Bahn trotten. Ihr Freund Frank schaut noch mal in den großen Rund, nimmt zufrieden einen Schluck Bier und zieht lächelnd Bilanz: „Eine geile Party war's trotzdem.“
Reinhard Keck