Anja (16) fährt schwarz

Die Deutsche Bahn bestätigt: Intercity-Tour war keine Ausbildung. „Arbeitsrechtliche Konsequenzen“ gegen den Lokführer
MÜNCHEN Wo ist Anja, wer ist Anja? Seit die AZ Anfang Februar über das Youtube-Video mit der damals 16-jährigen „Lokführerin“ berichtete, laufen die Internet-Foren von Bahnfans in ganz Europa heiß. Mit viel Herzblut wird die Frage diskutiert, ob die junge Dame den Intercity von Stuttgart nach München und retour legal steuern durfte. Oder ob der echte Lokführer damit gegen die Dienstvorschriften verstoßen hat.
Auch bei der Bahn hatte man offenbar erhebliche Schwierigkeiten, die Hintergründe der ungewöhnlichen „Ausbildungsfahrt“ zu erhellen. Knapp vier Wochen lang wurde daran gearbeitet. Ergebnisse konnten die Schienen-Profis bisher nicht vorweisen. Erst gestern erklärte ein Mitarbeiter der Bahn-Zentrale in Berlin auf AZ-Anfrage: „Es handelte sich nicht um eine Ausbildungsfahrt. Der Lokführer hat klar gegen die Richtlinien verstoßen.“
Schon beim Studium der Internet-Foren hatten sich die Hinweise darauf gehäuft, dass Anja damals vor fünf Jahren definitiv nicht berechtigt war, den Zug zu führen. Sie sei, so behaupten Forums-Teilnehmer, von einem befreundeten Zugführer dazu eingeladen worden, und zwar in ihrer Freizeit.
Auch Manuel B., der das Video Anfang Februar hochgeladen hatte, um nach Jahren wieder mit Anja Kontakt aufnehmen zu können, unterstützte diese These. Die junge Reutlingerin habe schon mit zwölf Jahren gelernt, wie man eine Lok bedient – damals habe sie ihr großer Bruder ans „Steuer“ gelassen.
Manuel B. hat das Video inzwischen aus dem Netz genommen. Der betroffene Lokführer hatte ihn wegen der zu erwartenden Strafe darum gebeten: „Er scheint Stress bekommen zu haben.“ Wenn der Streifen entfernt werde, würde es vielleicht nicht so schlimm werden.
Ein Bahnsprecher bestätigte diese Version: „Der Vorfall hat arbeitsrechtliche Konsequenzen.“ Über die Art und den Umfang der Strafe wollte er nichts sagen.
Manuel B.s’ Kontakt-Versuch hat übrigens geklappt: Anja hat ihm inzwischen eine SMS geschickt. Die junge Dame fand die Methode mit dem Video zwar „sehr krass“. „Aber wir bleiben in Verbindung“, so der Video-Fan. Rudolf Huber