Angeklagter Mesner: Gewalt, Pornos, Puffbesuche
Die bizarre Welt des Mesners, der wegen Mordes an seiner Ehefrau vor Gericht steht: Christian R. (37) erklärt die Geschichte der Tat.
München - Der Keller des Mesner-Häuschens war sein Reich. Dort hatte sich der 37 Jahre alte Christian R. ein kleines Fitnessstudio eingerichtet. Er trainierte, um auszusehen wie Jean-Claude Van Damme oder Arnold Schwarzenegger. Dort hatte er auch sein Film-Zimmer, in dem der Horror-Fan rund 4000 Filme hortete. Etwa 1000 dieser Filme stehen auf dem Index. Das heißt, sie dürfen nicht an Minderjährige verkauft werden, weil sie zu brutal sind.
Am 20. Februar 2012 sitzt er in diesem Keller und denkt über seine kaputte Ehe nach. „Ich habe mich elendig, verzweifelt und erregt gefühlt. Ich hatte das Gefühl, ich überlebe keinen weiteren Tag mehr“, sagt der Ex-Mesner vor Gericht. Mit seinen Actionheld-Vorbildern hat der Mann mit den kleinen, tief liegenden Augen wenig gemein. Seit Montag muss er sich wegen heimtückischen Mordes vor dem Landgericht München verantworten.
Am Faschingsmontag 2012 gegen 15.20 Uhr setzt er seinen Plan in die Tat um: In einem letzten Gespräch will er seiner Frau noch eine Gelegenheit geben, ihre Entscheidung zu ändern. Die Entscheidung, sich von ihm zu trennen. Im Wohnzimmer legt er ein 34 Zentimeter langes Messer bereit, dann geht er zu Simone R. in den ersten Stock. Die hält an ihrer Entscheidung fest: Sie will mit den gemeinsamen Söhnen Niclas (damals 7) und Pascal (3) ausziehen. Seit einigen Monaten arbeitet Simone R. wieder als Erzieherin, sie hat Geld für die Trennung angespart.
Als Simone R. das Gespräch beendet und ins Erdgeschoss geht, schubst ihr Mann sie die Treppe hinunter. Mit dem Messer verfolgt Christian R. seine Frau und sticht auf sie ein: sechs Mal auf den hinteren Kopfbereich und den Hals, 16 Mal seitlich und vorn auf Kopf und Hals. Der siebenjährige Sohn Niclas muss den Mord mitansehen.
Wenn der Ex-Mesner über die getötete Simone R. spricht, mit der er neun Jahre verheiratet war, sagt er immer: „die Frau“. – „Die Frau hat mir gesagt, dass sie mich nicht mehr liebt.“ Das war eineinhalb Jahre vor der Tat. Christian R. sagt, dass er bis zuletzt gehofft und gekämpft habe. „Ich habe einen Hab-dich-lieb-Tag eingeführt. Da habe ich ihr etwas geschenkt, meistens Computerspiele. Dann hat sie mit mir geschlafen“, sagt er.
Im letzten halben Jahr vor der Tat sei aber auch mit PC-Spielen im Ehebett nichts mehr gelaufen. R. erzählt, dass er ein paar Mal in ein bekanntes Münchner Bordell gefahren ist. Bevor er seine Frau tötete, war er dreimal bei derselben Prostituierte: „Als ich das letzte Mal bei ihr war, da hatten wir keinen Sex. Ich habe mich bei ihr ausgeweint, weil die Frau so abweisend zu mir ist.“
Seine Ehefrau droht ihm damals offenbar, ihn „wegen dem Dreck im Keller“ anzuzeigen. Sie meint die rund hundert Filme, deren Besitz strafrechtlich verboten ist. Laut AZ-Informationen sollen auch kinderpornografische Filme zur Sammlung gehören. Nach dem Mord findet die Polizei 111 rechtsradikale CDs, auch solche, die wegen Volksverhetzung verboten sind.
„Mich interessiert Verbotenes. Die singen ja auch über normale Sachen. Fußball und Alkohol zum Beispiel“, rechtfertigt sich Christian R. Es entsteht der Eindruck, dass Christian R. nicht versteht, warum rassistische Musik verboten ist. Er hat die verbotene Musik aus dem Internet auf CDs gebrannt und fein säuberlich die Cover dazu ausgedruckt.
Dann hat er sie in seinem Keller angehört – so, dass der Pfarrer und die Gemeinde nicht mitbekommen konnten, was der gläubige Mesner in der Freizeit machte. Die Eheprobleme des Paares sind in der Neubiberger Gemeinde allerdings bekannt gewesen. Immer wieder spricht der Pfarrer mit seinem Mesner, der über Monate mit Antidepressiva behandelt wird.
Eine Woche vor der Tat verbringt der Mesner eine Nacht in der geschlossenen Abteilung in Haar. Doch er verlässt die Psychiatrie, weil er als Kontrollfreak Angst bekommt, dass „die Frau“ ihn mit den Kindern verlässt, während er in Behandlung ist. Die Gewalttat des früheren Mesners wird das Landgericht noch weitere 14 Verhandlungstage beschäftigen – und dürfte weitere bizarre Einblicke in seine Psyche geben.