„Alles Pfeifen da oben“

Bei der Hauptversammlung der Hypo Real Estate ist der Unmut der Aktionäre groß. Die Skandalbank braucht noch mehr Geld vom Staat. Bankchef Wieandt hat schon 1,1 Millionen erhalten
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Illustration
dpa Illustration

Bei der Hauptversammlung der Hypo Real Estate ist der Unmut der Aktionäre groß. Die Skandalbank braucht noch mehr Geld vom Staat. Bankchef Wieandt hat schon 1,1 Millionen erhalten

MÜNCHEN Ulrike Strutzek kämpft einen aussichtslosen Kampf. Die Klein-Aktionärin der Hypo Real Estate (HRE) hält vor Beginn der Hauptversammlung der Skandalbank ein Protestplakat hoch: „Gebt meinem behinderten Kind eine Chance“, steht darauf. Ein Ordner nimmt ihr das Plakat weg, zerreißt es.

Wie viele HRE-Kleinaktionäre wehrt sich Strutzek dagegen, als Anteilseigner aus der verstaatlichten Bank herausgedrängt (engl.: „squeezed out“) zu werden. Sie sollen ihre Aktien zwangsverkaufen. Doch Strutzek hat die Altersvorsorge für ihr Kind in HRE-Aktien investiert. Die sind nach den Skandalen um die Bank fast nichts mehr wert. Strutzek will sie wenigstens behalten dürfen, um spätere Wertsteigerungen mitzunehmen.

Wann es die geben wird, ist ungewiss. Auf dem Podium machte HRE-Chef Axel Wieandt am Donnerstag klar: Auf den maroden Immobilienfinanzierer kommen Jahre der Verluste zu. Gewinne soll’s nicht vor 2012 geben. Die HRE hängt weiter am Tropf des Staates. Man werde „auf absehbare Zeit von Liquiditätshilfen abhängig sein“, sagt Wieandt. Mit 100 Milliarden Euro hält der Staat das Geldhaus am Leben. Wie viel der Steuerzahler noch in die Bank buttern muss, ließ Wieandt offen.

Im Oktober letzten Jahres hatte der Bankierssohn das Ruder bei der HRE übernommen. Mittlerweile ist der Schwager von Commerzbank-Chef Martin Blessing selbst in die Kritik geraten. Wegen der Staatshilfen sind Wieandts Bezüge seit 1. April auf eine halbe Million Euro gedeckelt. Als „Anerkennung für den Verzicht“ zahlte ihm die Pleite-Bank aber glatt nochmal eine halbe Million.

Das sorgt für Empörung – zumal Wieandt für die zweieinhalb Monate, die er 2008 für die HRE tätig war, schon 602000 Euro bekommen hat: ein Tagessatz von 7620 Euro. Begründung der Bank: Die Reduzierung der Bezüge gelte erst ab 1. April 2009.

Immerhin: Die HRE will das Milliarden-Debakel nun durch einen Sonderprüfer aufklären lassen. Überprüfungen hätten Pflichtverletzungen der früheren Vorstände ergeben, sagte Aufsichtsratschef Michael Endres. Dennoch fürchten Aktionärsschützer: Die Sonderprüfung sei nur eine Beruhigungspille. Die Münchner Rechtsanwältin Daniela Bergdolt forderte: Die Vorgänge müssten bis ins letzte Detail aufgearbeitet werden. Viele Aktionäre zweifeln, ob das geschehen wird. „Das sind doch alles Pfeifen da oben“, schimpft einer. Und ein anderer argwöhnt: Die Prüfung sei eine „elegante Art, die Dinge unter den Teppich zu kehren“. aja/cpl

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.