Alkohol und Internet: Süchtig nach dem Glück

MÜNCHEN - Die neue Zahlen der Sucht-Hotline beweisen: Viele Frauen geben für Internet-Horoskope bis zu 10000 Euro aus – und bei jungen Leuten ist Alkohol und Computersucht ein massives Problem.
Computer und Alkohol – sie machen den Münchnern besonders zu schaffen. Das meldet die Sucht-Hotline München: 4664 Hilferufe gingen 2009 dort ein. Wie schon in den Jahren zuvor ist Alkohol mit Abstand die größte Sucht – mit 55 Prozent der Anrufe. An zweiter Stelle stehen mit 21 Prozent Probleme mit Drogen wie Cannabis und Kokain. Anrufe wegen Heroins gingen aber erneut zurück.
Dafür machen sich die Sucht-Experten vor allem über Mediensucht große Sorgen: 2009 gab es dazu 18 Prozent mehr Anrufe als 2008. Hauptprobleme: Exzessives Surfen im Internet und stundenlanges Chatten.
Der Leiter der Sucht-Hotline, Christoph-Peter Teich hat auch geschlechtspezifische Hauptsüchte herauskristallisiert: Junge Männer tauchen in die Welt des PC-Spiels World of Warcraft ab und Frauen sind süchtig nach Horoskopen. „Meistens rufen die verzweifelten Eltern von Jugendlichen an, die sich nicht mehr zu helfen wissen“, sagt Teich. „Die Kids hängen mehr als sechs Stunden vor dem PC, kommen morgens nicht aus dem Bett, die Leistungen in der Schule lassen nach“. World of Warcraft sei jedoch ein reines Buben-Phänomen. „Es gab keinen Anruf von Mädchen zu diesem Thema, sagt Teich. „Frauen sind stattdessen süchtig nach Online-Portalen wie Questico.“ Hellseher und Propheten bieten hier telefonisch Tages- und Jahreshoroskope an. Einsame Münchnerinnen mittleren Alters, die verzweifelt einen Partner suchen, rufen dort täglich an. Sie wollen auf den Tag genau wissen, wann sie ihren Mann fürs Leben finden. „So machen sie locker über 10000 Euro Schulden“, sagt Teich.
Erst wenn der Leidensdruck zu groß ist, greifen die Münchner zum Telefon. Die Mehrzahl der Anrufe im vergangenen Jahr kam von Frauen (58 Prozent). 34,5 Prozent der Anrufer waren zwischen 30 bis 45 Jahre alt. Am seltensten riefen die unter 18-Jährigen oder über 60-Jährigen an.
Auch die Anrufe besorgter Eltern zum Komasaufen nehmen weiterhin zu. „Die Gründe für dieses Phänomen sind noch immer nicht klar“, sagt Teich. „Vielleicht ist es eine Modeerscheinung, die wieder verschwindet.“
Die Sucht-Hotline ist rund um die Uhr besetzt: unter Tel.282822 oder per E-Mail
unter kontakt@suchthotline.info. Sylvia Petersen