Agenten vor Gericht: Kroatien schaut nach München
Vom Geheimdienst hingerichtet: Im April 1983 wird ein Exil-Kroate in Wolfratshausen ermordet. Jetzt stehen zwei mutmaßlcihe Hintermänner vor Gericht.
München Ein stürmischer Wind wirbelte am Freitag vor dem Justizzentrum die Blätter durch die Luft. Das passte. Denn schon am ersten Tag wurde der große Betonkomplex an der Nymphenburger Straße zur Bühne einer stürmischen Auseinandersetzung zwischen Gericht und Verteidigung in dem spektakulären Prozess um den Mord an einem Exil-Kroaten.
Zum Prozessauftakt war vor allem das Interesse der kroatischen Medien riesig. Ein kroatischer Korrespondent erklärt warum: „Wir erhoffen uns von Deutschland, dass Sonne ins Dunkel gebracht wird.“ Viele Kroaten werden deshalb mit Spannung den Prozess vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts verfolgen.
Die Angeklagten
Angeklagt sind mit Josip Perkovic (69) und Zdravko Mustac (72) zwei Top-Agenten des ehemaligen kroatischen Sicherheitsdienstes SDS. Sie sollen hinter dem Mord an Stjepan Durekovic stecken, der am 28. Juli 1983 in einer Garage in Wolfratshausen im Kugelhagel starb. Mustac hat laut Anklage den Befehl dazu gegeben, Perkovic sei der Organisator gewesen. Beide sind der Beihilfe zum Mord angeklagt.
Die Tat: In einer als Druckerei genutzten Garage in Wolfratshausen lauerten dem Exil-Kroaten und Regimekritiker Stjepan Durekovic unbekannte Männer auf. Die Mörder töteten ihn mit mehreren Schüssen aus zwei Waffen und massiven Schlägen auf den Kopf.
Das Mord-Motiv ist laut Anklage aber kein politisches gewesen. Vielmehr habe der Politiker Mika S. verhindern wollen, dass Durekovic über Verwicklungen von dessen Sohn Vanja in illegale Geschäfte beim Mineralölkonzern INA reden könnte.
Der Mittäter
In dieser Sache verurteilte das Oberlandesgericht München bereits im Jahr 2008 den Kroaten Krunoslav P. zu lebenslanger Haft. Der Kroate hatte sich das Vertrauen des Opfers erschlichen und dann den Tätern Schlüssel für die Garage besorgt.
Wunsch der Witwe
Auch Gizela Durekovic, die Witwe des Opfers, will endlich wissen, was sich damals tatsächlich im Hintergrund abgespielt hat. Die 83-Jährige lässt sich bei dem Prozess von dem Münchner Anwalt Markus Meißner vertreten. „Die Ärzte haben meiner Mandantin von der Reise nach München abgeraten, aber sie ist geistig noch fit.“ Dass die Frau an Demenz leiden könnte, gehört also wohl zu den vielen Gerüchten, die das Verfahren umwabern.
Das große Schweigen
Von ihrem Anwalt Meißner wird sie gestern erfahren haben, was die Angeklagten Erhellendes zu den Hintergrünen des Mordes vor Gericht erklärt haben. Nämlich gar nichts. Die beiden Rentner verweigerten sowohl zur Sache, als auch zur eigenen Person jegliche Angaben.
Der erste Konflikt
Damit ist jetzt schon klar, dass der Weg zur Wahrheitsfindung ein sehr, sehr steiniger wird. Der Vorsitzende Richter Manfred Dauster – er gehörte schon im Prozess gegen den Mordhelfer Krunoslav P. zur Gerichtsbesetzung und ist ein Balkanexperte – geriet am Nachmittag zum ersten Mal heftig mit einem kroatischen Anwalt aneinander.
Dauster entzog dem Verteidiger das Wort, als dieser erklärte, der deutsche Auslandsgeheimdienst BND lenke und bezahle einen Zeugen für diesen Prozess. Außerdem habe der BND im früheren Jugoslawien terroristische Sprengstoffanschläge veranlasst.
Für Dauster eine „sachfremde Erklärung“. Als Zuhörer die Worte des Verteidigers mit Applaus quittierten, rief der Vorsitzende ihnen zu: „Noch einmal und alle fliegen raus.“
Der Alleingang
Zumindest in Sachen deutsch-kroatischer Zusammenarbeit hat sich einiges verbessert. Zwar hatte das OLG schon im ersten Prozess „etwas Licht in das Dunkel“ der 22 Morde an Exilkroaten gebracht. Aber das war gezwungenermaßen ein Alleingang. Die deutschen Ermittler hatten keine Unterstützung von den kroatischen Behörden bekommen.
Das hat sich durch den EU-Eintritt Kroatiens geändert. Was sich vor allem bei der Auslieferung der beiden Angeklagten bereits bewiesen hat.
Der Mammutprozess wird Montag fortgesetzt. Angesetzt sind 50 Verhandlungstage bis Ende April 2015.