Achtung, Hundebesitzer: Giftköder in München
München – Ein streng riechendes Leberwurstbrot, versteckt im Gebüsch, klingt zunächst harmlos. Für die Goldendoodle-Dame Luna (3) hätte es tödlich enden können: Es war vermutlich mit Rattengift versetzt.
Für einen kurzen Augenblick hatte ihre Besitzerin Birgit Buchholz sie beim Gassigehen aus den Augen gelassen – und schon war es passiert. "Es war ein Gefühlsmix aus Panik, Hilflosigkeit und später Wut auf den Täter", erzählt sie.
Mehrere Giftköder-Fälle in München
Buchholz ist damit nicht allein: Sie berichtet von mehreren Giftköder-Entdeckungen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis. Lunas Tierpraxis mit Sitz in Bogenhausen bestätigt auf Nachfrage der AZ, dass auch sie wiederholt mit Giftködern zu tun haben.
Und auch bei der Hundewarn-App Dogorama sind mehrere solcher Meldungen in den vergangenen Wochen eingegangen. Ob solche Vorfälle auch vermehrt bei der Polizei gemeldet wurden, konnte diese bis Redaktionsschluss der AZ nicht beantworten.
Klar ist jedoch: München ist für die Vierbeiner ein gefährliches Pflaster. Eine bundesweite Erhebung der App Dogorama mit rund 850.000 Nutzern hat ergeben, dass München auf Platz drei der Städte mit den meisten Giftköder-Meldungen von Mitte 2021 bis 2024 liegt.
Dogorama: "Hundegiftköder sind ein Stadt-Phänomen"
Lunas Falle war im Englischen Garten ausgelegt. Die Meldungen auf Dogorama betreffen vor allem das Stadtzentrum (Maxvorstadt, Schwabing, Altstadt-Lehel). "Hundegiftköder sind ein Stadt-Phänomen", sagt Dogorama-Gründer Jan Wittman der AZ. Menschen, die keine Hunde mögen, geraten dort häufiger mit ihnen unfreiwillig in Kontakt.

Aus welchen Motiven die Köder ausgelegt werden, lässt sich zwar nur schwer sagen. Bei Fällen, wo die Täter geschnappt wurden, spielte aber Frust oder Wut eine Rolle – etwa wegen herumliegenden Hundekots.
"Selbst mich als Hundehalter ärgert das", sagt Buchholz. Würden Hundehalter konsequent den Kot aufsammeln, gebe das den "Psychopathen" weniger Grund für ihre Fallen.
Besonders gefährlich an diesen: Sie haben keine bestimmte Form, sondern können "irgendetwas Fressbares" sein, sagt Wittman.
Das Perfide: Rein äußerlich unterscheiden sich die Köder oftmals kaum von sonstigem Essen, das im Park oder auf der Straße liegt. Dabei kann es sich etwa um ein Wurstbrot handeln, wie in Lunas Fall, oder um ein Hackfleischbällchen.
So sehen die Köder aus
Darin versteckt sind etwa Rasierklingen, Reißzwecken, Nägel und andere spitze oder scharfe Gegenstände. Aber auch toxische Substanzen werden ins Essen gemischt: etwa Rattengift, das es in jedem Baumarkt zu kaufen gibt, Anti-Insekten- oder sogar Frostschutzmittel.
Hat das Tier erst mal etwas von dem Köder verschluckt, sollte Frauchen oder Herrchen sofort zum Tierarzt. Luna konnte so schnell eine Spritze zum Erbrechen bekommen.

Die typischen Symptome bei Rattengift sind laut dem Tierschutzverein Tasso etwa Müdigkeit, Erbrechen oder eine niedrigere Körpertemperatur - doch diese treten meist erst nach einigen Tagen auf. Bei Anti-Insektenmitteln könne es hingegen ganz schnell gehen: In gerade mal 30 Minuten treten hier bereits die ersten Symptome auf.
Damit es erst gar nicht dazu kommt, helfen Warnradare wie von Dogorama, Gebiete mit Warnmeldungen zu meiden. Die App schickt in so einem Fall eine Push-Benachrichtigung, wenn in der Nähe des eigenen Standorts oder Wohnorts eine Meldung eintrudelt.
Hundetraining kann helfen
Zusätzlich lassen sich Hunde darauf trainieren, beim Gassigehen nicht zum Staubsauger zu mutieren. Die meisten Hundeschulen bieten dafür Kurse an. Auch Dogorama bietet in Kooperation mit Star-Hundetrainer Martin Rütter einen an.
"Ich bringe dem Hund bei, wenn er etwas Fressbares auf dem Boden findet, erst zu fragen, indem er sich zuerst davor hinsetzt", erklärt Wittman. "Das gibt mir die nötigen Sekunden, damit ich meinen Hund vom Köder fernhalten kann."
Das lässt sich demnach trainieren, indem Herrchen oder Frauchen das bessere Leckerli als Alternative zum Zeug auf dem Boden dabei hat - oder eine andere Belohnung wie Streicheln oder ein Spielzeug, je nach Hundetyp. Zu Trainingsbeginn liegt zunächst hartes Brot auf dem Boden - und irgendwann sogar leckeres Fleisch.
Doch selbst das kann ein trainierter Hund verschmähen. Buchholz besucht mit Luna inzwischen auch einen solchen Kurs. Denn: "Ich will mich nicht mehr so hilflos fühlen."
- Themen:
- Polizei