Abschied von Margit Bönisch: Die Bühne der Tränen
Die Schlange am Eingang will nicht enden. Margit Bönisch († 73) hätte das gefallen. Vor allem, weil es Sonntag ist, mittags, und dann das: volles Haus.
Doch die Menschenmenge, die so bedrückt schaut, ist wegen ihr hier. Weil sie nicht mehr hier ist und dabei doch so omnipräsent scheint, immer sein wird.
Dafür sorgt auch dieses Abschiedsfest in der Komödie im Bayerischen Hof. Ihrer Komödie. Ihrem Wohnzimmer, das sie für alle Welt so wohnlich wie möglich gestalten wollte. Margit Bönisch gefiel es als Theaterintendantin ("Ich bin keine Präsidentin und auch kein Mädel mehr. Ich bin die Frau für alles.") das Publikum zum Lachen zu bringen.
Jetzt stehen im Eingangsbereich über 300 Freunde der Prinzipalin, viele sind älter als die so plötzlich Verstorbene, mit Krücken oder Gehstöcken gekommen. Schauspieler Volker Brandt, immerhin schon 80, beobachtet die wartende Trauergemeinde und murmelt: "Ich habe das Gefühl, das ganze Leben würde in diesem Moment an mir vorbeiziehen."
So geht es vielen. Und deshalb sind auch so viele gekommen. Alice und Ellen Kessler haben ihre Freundin Gundel Fuchsberger untergehakt, die sagt, dass sie so gerne glauben würde, dass sich ihr Blacky und die Margit im Himmel wiedersehen: "Das wäre ein schöner Gedanke. Aber ich glaube, ich kann mir das so nicht ausmalen. Leider."
Es schwingt viel Wehmut mit, wenn sich die Trauergäste an Margit Bönisch erinnern. Aber auch Liebe und Dankbarkeit. Und: Überforderung.
Denn so unerwartet Margit am 27. Februar starb, so unerwartet sind sie nun alle allein.
Die Theater- und Show-Familie hat ihr Familienoberhaupt verloren. Ihre Mutter.
Auch wenn die Kinder größtenteils älter sind, stehen sie jetzt als Waisen da.
"Es ist fürchterlich und unvorstellbar ohne Margit", sagt Ingrid Steeger und hat Tränen in den Augen. "Als ich von ihrem Tod erfuhr, war ich mit Jochen Busse auf Tour. Ich habe einen Zusammenbruch gehabt, mir ging das ganz nah. Niemand hat sich so aufopferungsvoll um uns gekümmert wie Margit."
Vielleicht wollen die vielen Schauspieler jetzt ein bisschen was zurückgeben. Das Programm zur Trauerfeier dauert über zwei Stunden, ist aber mehr als kurzweilig. Tränen und Lacher wechseln sich mit den Rednern und Sängern ab.
Besonders emotional wird es, als die große Ellen Schwiers, die mit 85 Jahren gerade selbst eine Not-OP überstanden hat, die Bühne betritt. Sie hatte eine sehr starke Beziehung zu Margit Bönisch. "Es fällt mir sehr schwer, hier zu stehen", sagt sie. Dann kullern ihr die Tränen die Wangen hinunter. "Es ist einfach eine umgedrehte, falsche Welt. Ich bin tief erschüttert. Wie sehr ich sie vermissen werde! Ich weiß nicht, wie ich Margit gerecht werden soll? Sie war so mütterlich, herzlich, liebevoll, wir hatten gute Gespräche, haben immer so viel gelacht. Sie war so eine noble Persönlichkeit."
Ellen Schwiers schlägt die Hände vors Gesicht, sie weint – und das Publikum weint mit.
Die Bühne der Tränen.
Theaterstar Michael Heltau ist aus Wien da, singt zum Abschied leise Servus und animiert die Theaterfamilie zum Mitsingen. Lautstark verabschiedet sie sich. Nachdem Bönischs Partner und Nachfolger Thomas Pekny das Programm beendet, findet ein Umtrunk statt. Im Getümmel wird gelacht, geweint, gedrückt. Volker Brandt schaut mit geröteten Augen in das Gedränge, sagt: "Das Schönste wäre es, wenn Margit in der Menge auftauchen würde. Ich glaube noch ganz fest daran."
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- Komödie im Bayerischen Hof