90-Jährige tot, Pfleger schuld?
Eine 90-Jährige stürzt, bricht sich ein Bein – und stirbt später an Lungenentzündung. Jetzt steht ihr Pfleger vor Gericht wegen fahrlässiger Tötung.
München - Hochroter Kopf, in sich zusammengesunken – Paul K. (38, Name geändert) wirkt wie das sprichwörtliche Häufchen Elend auf der Anklagebank. Dem angehenden Pfleger wird vorgeworfen, den Tod einer 90-Jährigen fahrlässig herbei geführt zu haben. 27. Februar 2010: Pflegehilfskraft Paul K. soll in einem Münchner Altenheim Luise S. (90) ins Bett bringen. Die Frau ist dement und trotz Rollator „gangunsicher“, wie es im Pflegejargon heißt. Das Pflegepersonal ist angewiesen, die Frau nicht alleine gehen zu lassen.
In diesem Moment wird die Notfallglocke in einem der angrenzenden Zimmer ausgelöst. „Ich habe kurz gewartet, aber es kam niemand“, berichtet Paul K. „Ich habe Frau S. gesagt: Bleiben Sie bitte stehen! Ich komme gleich wieder.“ Als er nach 20 bis 30 Sekunden wieder aus dem Zimmer kommt, hat sich Frau S. trotzdem ein paar Schritte weiterbewegt. „Ich habe gerufen: Halt, Frau S.! Sie hat sich umgedreht und ist dann in sich zusammengesackt.“ Paul K. schreit um Hilfe. Eine Pflegerin kommt und übernimmt die Versorgung der alten Frau. Dann nimmt das tragische Geschehen seinen Lauf. Auf Grund des Sturzes hat sich Luise S. den Oberschenkelhals gebrochen. Keine seltene Verletzung bei alten Menschen. Sie kommt ins Krankenhaus.
Wenig später holt sie sich eine Lungenentzündung. Sie stirbt am 7. Mai. Die Krankheit sei durch ihre Unbeweglichkeit verursacht worden, glaubt die Staatanwaltschaft. Die sei eine Folge des Sturzes. so die logische Kette der Anklage. Paul K. habe sich also der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht. Tochter und Schwiegersohn von Luise S. haben zwar für die Schmerzen der alten Frau ein Schmerzensgeld von der Versicherung bekommen. Darüber hinaus zeigen die beiden vor Gericht aber keinerlei Interesse an einer Bestrafung des Pflegers. „Das passiert halt, dass alte Menschen stürzen“, sagt der Schwiegersohn. Das Paar kennt sich aus, die Frau hat selbst als Altenpflegerin gearbeitet. Richter Andreas Forstner schlägt die Einstellung des Verfahrens gegen eine geringe Geldbuße vor. Alle Beteiligten sind einverstanden. 600 Euro muss Paul K. an eine gemeinnützige Organisation bezahlen, dann ist die Sache ein für alle Mal erledigt.
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