83-Jähriger zockt Senioren ab: Er ist selber Opfer
München - Etwa 50 Mal hat ein Rentner aus dem Landkreis München Großbetrügern geholfen, an ergaunertes Geld zu kommen. Der 83-Jährige begleitete Opfer zur Bank, damit sie vermeintliche Gebühren ins Ausland überweisen. Doch der betagte Komplize ist laut Polizei mit hoher Wahrscheinlichkeit selbst ein Opfer.
Der Rentner flog auf, als er einer Münchnerin dabei half, 500 Euro in die Türkei zu transferieren. Allerdings hatte die Frau Verdacht geschöpft und vor dem Gang zur Bank die Polizei informiert. Die Chronologie des gescheiterten Betruges:
Am 2. Januar bekam die Hausfrau (65) aus Mittersendling einen Anruf, über den sie sich zuerst freute. Der Anrufer sagte, er sei von einer Anwaltskanzlei in Hamburg, er behauptete, die Münchnerin habe 2011 bei einem Gewinnspiel eine halbe Million Euro gewonnen. Wegen eines Fehlers der Gewinnspielfirma sei sie weder darüber informiert, noch sei das Geld ausbezahlt worden.
Der angebliche Anwalt bot ihr nun seine Hilfe an, damit sie ihren Gewinn ausbezahlt bekommt. Allerdings müsse sie dafür 500 Euro überweisen. In München würde ihr ein Partner der Kanzlei bei dem Geldtransfer helfen. Bei diesem „Partner“ handelte es sich um den 83-jährigen Rentner.
Er verabredete sich mit der Hausfrau in einer Bank in Laim. Dort half er ihr, ein ganzseitiges Din-A4-Formular auszufüllen, damit das Geld in die Türkei überwiesen werden konnte. Als die beiden fertig waren, nahm die Polizei den Senior fest.
Nach jetzigen Erkenntnissen hat der 83-Jährige mindestens 50 Opfer um insgesamt mehrere zehntausend Euro erleichtert. „Allerdings spricht einiges dafür, dass der 83-Jährige selbst Opfer ist. Er wartete offenbar selbst auf einen Gewinn. Möglicherweise handelte er gar nicht in böser Absicht“, sagte Kriminaloberkommissar Mathias Schragl vom Betrugskommissariat am Dienstag.
Die Masche, bei der der 83-Jährige mitwirkte, beschäftigt die Münchner Kripo seit etwa zwei Jahren. Immer neue Banden entstehen. „Wir haben mehrere hundert Opfer allein in München. Zeitweise melden sich täglich zwei bis drei. Manche haben 100.000 Euro gezahlt“, berichtet Mathias Schragl. „Mit jeder Zahlung hoffen die Opfer, endlich an ihren Gewinn zu kommen. Doch es werden immer neue Zahlungen verlangt, mit fadenscheinigen, fingierten Gründen – bis hin zum Geldboten, der an der Grenze aufgehalten worden sein soll.“
Die Hintermänner, die laut Polizei häufig in der Türkei sitzen, kaufen Adressen-Datensätze ein und telefonieren sie durch, bis jemand anbeißt. Anstelle von Anwälten geben sie sich auch als Staatsanwälte, Gerichtsvollzieher oder Polizisten aus. Und sie können sogar Telefonnummern manipulieren. „Einmal rief ein Betrüger mit meiner Nummer an“, berichtet der Ermittler.
Gegen den 83-Jährigen ermittelt die Polizei nun wegen Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz. Dass der Rentner, der als „Finanzagent“ für die Betrüger agierte, in seinem Alter noch ins Gefängnis muss, ist unwahrscheinlich. Die Hintermänner kennt er nicht. So werden die Betrüger weiter nach Opfern suchen.
So schützen Sie sich vor Trickbetrügern
Damit Sie nicht Opfer von Trickbetrugsbanden werden, rät die Polizei:
Nehmen Sie Gewinne nur an, wenn Sie genau wissen, dass Sie an den betreffenden Spielen teilgenommen haben und die Unternehmen seriös sind.
Legen Sie bei unseriösen Anrufen einfach auf!
Leisten Sie niemals Vorauszahlungen, Steuern oder Gebühren für angebliche Gewinne, auch wenn vermeintliche Rechtsanwälte oder Notare Vertrauen erwecken. Geld, das an Fremde ins Ausland überwiesen wird, ist meist für immer weg!
Sogar die Telefonnummer, die im Display erscheint, kann manipuliert sein. Manche Betrüger nutzen Nummern von Polizisten und Juristen.
Geben Sie nie persönliche Daten wie Bankdaten oder PIN am Telefon an Unbekannte weiter.
Wenn Sie von einem Betrüger telefonisch kontaktiert wurden oder ihm bereits aufgesessen sind und gezahlt haben, verständigen Sie die Polizei und erstatten Sie Anzeige.
Western Union, Anbieter von weltweiten Geldtransfers, rät außerdem: Senden Sie generell kein Geld an Fremde, sondern nur an Personen, die Sie persönlich kennen und denen Sie vertrauen.
Hüten Sie sich vor Geschäften, die unrealistische Vorteile versprechen. Nutzen Sie auch keine Geldtransfers, um Einkäufe – zum Beispiel aus Online-Auktionen – zu bezahlen!
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