80 Jahre Kriegsende und Befreiung: Das Kulturprogramm in München

Lesungen, Zeitzeugengespräche, ein Film und vieles mehr: So erinnert München an die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus.
David Gartner |
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An manchen Stellen erinnert die Alte Pinakothek noch an die Zerstörungen des Krieges – bewusst. Aber so kennen die meisten Münchner das Museum nicht mehr: umgeben von Schutt, der mit Waggons abtransportiert wird. Herbert List hat die Szene 1949 aufgenommen, gleich nach Kriegsende war er mit der Kamera losgezogen. Verstörende wie faszinierende Bilder, über die man heute staunt. Unter dem Titel „Memento 1945“ sind sie im Schirmer/Mosel Verlag aufgelegt worden (224 Seiten, 48 Euro). 2025 Herbert List Estate, Hamburg/Münchner Stadtmuseum
An manchen Stellen erinnert die Alte Pinakothek noch an die Zerstörungen des Krieges – bewusst. Aber so kennen die meisten Münchner das Museum nicht mehr: umgeben von Schutt, der mit Waggons abtransportiert wird. Herbert List hat die Szene 1949 aufgenommen, gleich nach Kriegsende war er mit der Kamera losgezogen. Verstörende wie faszinierende Bilder, über die man heute staunt. Unter dem Titel „Memento 1945“ sind sie im Schirmer/Mosel Verlag aufgelegt worden (224 Seiten, 48 Euro). 2025 Herbert List Estate, Hamburg/Münchner Stadtmuseum © 2025 Herbert List Estate, Hamburg/Münchner Stadtmuseum

Zeitzeugengespräch im Residenztheater

Nachdem einen Tag zuvor die deutschen Streitkräfte bedingungslos kapituliert haben, endet am 8. Mai 1945 der Zweite Weltkrieg und damit auch der Staatsterror des Nationalsozialismus. In vielen europäischen Ländern ist der Tag der Befreiung ein Feiertag. Auch in München wird der 80. Jahrestag des Kriegsendes mit einer Vielzahl an Veranstaltungen begangen.

Kriegszerstörung in München: Herbert List hat die Szene 1949 aufgenommen, gleich nach Kriegsende war er mit der Kamera losgezogen. Verstörende wie faszinierende Bilder, über die man heute staunt. Unter dem Titel „Memento 1945“ sind sie im Schirmer/Mosel Verlag aufgelegt worden (224 Seiten, 48 Euro).
Kriegszerstörung in München: Herbert List hat die Szene 1949 aufgenommen, gleich nach Kriegsende war er mit der Kamera losgezogen. Verstörende wie faszinierende Bilder, über die man heute staunt. Unter dem Titel „Memento 1945“ sind sie im Schirmer/Mosel Verlag aufgelegt worden (224 Seiten, 48 Euro). © Herbert List Estate, Hamburg/Münchner Stadtmuseum

Im Residenztheater findet am Gedenktag ein Zeitzeugengespräch statt. Gäste sind die gelernte Buchhändlerin Inge Fried (95), deren Tochter Amelie ein Buch über die Erlebnisse der jüdischen Familie während der NS-Zeit geschrieben hat. Außerdem Hans Maier (94), renommierter Politikwissenschaftler und ehemaliger bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus. Ein weiterer prominenter Gast ist Günter Rohrbach (97), gebürtiger Münchner und Filmproduzent (u. a. Das Boot). 

8. Mai, Residenztheater um 19.30 Uhr. Tickets 15 Euro, (ermäßigt 10 Euro)

Lesung & Feier im Bellevue di Monaco: Der Bayer, den die Nazis hassten

Die New York Times schrieb 1967 im Nachruf auf Oskar Maria Graf, dieser sei einer der frühesten und deutlichsten Gegner der Nazis gewesen. Der ursprünglich aus Berg bei Starnberg stammende Graf wurde der wohl bekannteste bayerische Schriftsteller. Er verbrachte viele Jahre in München, lernte dort die Schwabinger Boheme und die Revoluzzer von 1918/19 kennen – und sprach sich früh gegen die Nazis aus, die hier schon in den 1920ern sehr aktiv waren.

Autor Oskar Maria Graf.
Autor Oskar Maria Graf. © Stefan Moses/ Stadtmuseum

Im Rahmen einer Vortragsreise in Wien 1933 beschloss er, nicht mehr zurückzukehren. Die NSDAP setzte ihn kurz darauf auf die Schwarze Liste und ließ seine Bücher verbrennen. Nach Kriegsausbruch gelangte er über Umwege nach New York, wo er der Legende nach stets Lederhosen trug. Zum Kriegsende 1945 schrieb er: "In diesen schmerzlichen Tagen denke ich vor allem an jene, die für ihre Überzeugung ihr Leben geopfert haben. Ich wünschte nur eines, all diese Opfer in meinen künftigen Büchern so lebendig machen zu können, dass keiner sie je wieder vergisst, dass noch Kind und Kindeskinder davon erzählen.“ Zur Feier des 8. Mai findet im Bellevue eine Graf-Lesung statt. Außerdem: "Live-Musik, DJs, Essen, Trinken, Lauschen, Ratschen, Weiterkämpfen“.

Freitag,  9. Mai, Bellevue di Monaco. Müllerstraße 6 (im Hinterhof): 18 Uhr, Eintritt frei .


Bürgersaal Fürstenried: Kennen Sie die Linserts? 

Hier hat der Bezirksausschuss 19 tief in die Tasche gegriffen, damit etwas Besonderes entstehen konnte. In einer historischen Schauspiellesung mit Livemusik wird das Kriegsende wieder erlebbar gemacht. In den Straßen fahren amerikanische Jeeps, plündern Banden, floriert der Schwarzmarkt.

Die Forstenrieder Ludwig (1907-1981) und Margot Linsert (1909-2009) riskierten alles und waren im Widerstand.
Die Forstenrieder Ludwig (1907-1981) und Margot Linsert (1909-2009) riskierten alles und waren im Widerstand. © privat

Die Menschen sind hungrig, heimat- und haltlos. Und doch ist dies Anfang einer Epoche von Frieden, Freiheit und Demokratie. Einige hatten bereits in den Schreckensjahren des Nationalsozialismus Widerstand geleistet. Auch von diesen Heldinnen und Helden handelt der Abend – zusammengestellt von zwei Historikern und den "Swing Akrobaten“.

"Frieden in Freiheit!“: 8. Mai, 19.30 Uhr, Züricher Str. 35, Eintritt frei


Isarphilharmonie: Ein Zeichen der Versöhnung

Lahav Shani wird im Herbst 2026 Chefdirigent der Münchner Philharmoniker. Zugleich bleibt er aber – als Nachfolger von Zubin Mehta – Chefdirigent des Israel Philharmonic Orchestra. Am heutigen Tag spielen Musikerinnen und Musiker beider Orchester gemeinsam die Symphonie Nr. 6 von Gustav Mahler in der Isarphilharmonie. Außerdem auf dem Programm: das Stück "Prayer“ von Tzvi Avni, der als Hermann Jakob Steinke in Saarbrücken geboren wurde und 1935 nach Haifa emigrierte. Dort wurde er Schüler des Komponisten Paul Ben-Haim, der 1897 als Paul Frankenburger in München geboren wurde und in seiner Heimatstadt als Assistent von Bruno Walter und Hans Knappertsbusch an der Staatsoper arbeitete. Vor seinem Exil war er bis 1931 Kapellmeister in Augsburg.

Lahav Shani probt in der Isarphilharmonie.
Lahav Shani probt in der Isarphilharmonie. © Co Merz

Das Konzert wird in der Kreuzkirche Dresden und im Konzerthaus Dortmund wiederholt. Die Münchner Aufführung ist ausverkauft, wird aber vom Bayerischen Fernsehen und von BR Klassik übertragen.

8. Mai, BR Klassik, 20.03 Uhr, BR Fernsehen, 23.15 Uhr


Matinee im Prinzregententheater: Das Theaterstück von Peter Weiss als Film

Es war ein Schlüssel-Stück, das die Bundesrepublik 1965 durchschüttelte, schockierte und beunruhigte: "Die Ermittlung“ von Peter Weiss ist sogenanntes Dokumentarisches Theater. Es traf auf eine Gesellschaft, die vorwiegend einen Schlussstrich ziehen wollte unter die NS-Vergangenheit. Die Texte basierten auf den Frankfurter Auschwitzprozessen. Im Setting eines Gerichtsprozesses treffen Richter, Verteidiger und Ankläger auf Zeuginnen und Zeugen, Täter und Opfer, die das Grauen dessen, was in Auschwitz geschah, plastisch machen.

Rainer Bock als Richter und Clemens Schick als Ankläger.
Rainer Bock als Richter und Clemens Schick als Ankläger. © (BR/Bildmanagement)

Das Werk wurde zu einem Meilenstein der Erinnerungskultur. Regisseur RP Kahl und sein Team haben die Bühnenvorlage mit einem hochrangigen, 60-köpfigen Ensemble für die Kinoleinwand neu inszeniert. Erstmals zeigt das Prinzregententheater diesen Kinofilm auf großer Leinwand und zwar als Matinee. Regisseur und Schauspieler Rainer Bock werden zu Vor- und Nachgespräch anwesend sein.

8. Mai, Prinzregententheater: 9.30 Uhr, Einführung durch den Regisseur, 10 Uhr Filmvorführung, im Anschluss Filmgespräch, der Eintritt ist frei, Einlasskarten gibt es unter www.theaterakademie.de


Münchner Volkshochschule: Hüter des Freistaats – die Bayerische Staatskanzlei zwischen Nationalsozialismus und Nachkriegsdemokratie

Nach dem Ende des Krieges und der NS-Herrschaft musste der bayerische Staat neu aufgebaut werden. Dabei entwickelte sich die Staatskanzlei zur Schaltzentrale. Sie musste einerseits erfahrene Beamte gewinnen und zugleich den bayerischen Staat – formal – von der Zeit des Nationalsozialismus abgrenzen. Gestützt auf erstmals zugängliche Akten zeigt Rick Tazelaar in seinem Vortrag für die Offene Akademie der VHS, wie sehr die Auswahl des Führungspersonals und das Handeln der Staatskanzlei der Konsolidierung des bayerischen Staates dienen sollten.

Online,  8. Mai, 18 Uhr, 8 Euro, Anmeldung unter www.mvhs.de

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