80 Jahre Kriegsende: Münchner Stadtmuseum zeigt die Stadt in Trümmern

In der Rathaus-Galerie zeigt das Münchner Stadtmuseum eindrucksvolle Fotografien aus der zerstörten Stadt – ein Blick auf München zwischen Trümmern und Neubeginn.
Myriam Siegert
|
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Dieses Farbdia stammt von Dorothea Brockmann: die Trümmerlandschaft und die Frauenkirche, München 1947.
Dieses Farbdia stammt von Dorothea Brockmann: die Trümmerlandschaft und die Frauenkirche, München 1947. © Münchner Stadtmuseum

Zum 80. Mal jährt sich in diesem Jahr das Ende des Zweiten Weltkrieges, viele Veranstaltungen hat es dazu schon gegeben. Die Sammlung Fotografie des Münchner Stadtmuseums zeigt jetzt in einer Ausstellung ein München, das wir uns heute so nicht (mehr) vorstellen können.

80 Jahre nach dem Kriegsende schaut München zurück auf die Zeit in Schutt und Asche

"Stadt in Trümmern. Herbert List und die Ruinenfotografie in München" heißt die Schau und zu sehen ist genau das –  Trümmerfotografien der direkten Nachkriegszeit. Sie sind Arbeiten von Herbert List sowie Clemens Bergmann, Dorothea Brockmann, Johann Danböck und Helmut Silchmüller.

Herbert List (1903 Hamburg – 1975 München) gilt heute als einer der wegweisenden Fotografen des 20. Jahrhunderts. Ein hanseatischer Kaufmann und Autodidakt, der im Ausland für Harper’s Bazaar und Life arbeitet und ab 1941 in den Kriegsjahren ohne Akkreditierung der Reichspressekammer fotografiert. Seinen zerstörten Wohnort München hält er in den Nachkriegsjahren als Langzeitprojekt mit der Kamera fest.

Neues Rathaus, München, um 1945.
Neues Rathaus, München, um 1945. © Münchner Stadtmuseum © Herbert List Estate, Hamburg Germany

Clemens Bergmann (1903 – 1973, München) war im Zweiten Weltkrieg von der Feuerwehr München als Turmbeobachter eingesetzt, um Brände schneller lokalisieren zu können. Er fotografierte die Bombardierung der Stadt heimlich, vor allem von der Frauenkirche aus.

Dorothea Brockmann (1899, Holzminden – 1983, Eichstätt) Scherenschnitt-Künstlerin, betrieb von 1921 bis 1926 eine Werkstatt für kunstgewerbliche Produkte in München zusammen mit Bessie (Elisabeth) Drey (1898 – unbekannt). Von ihr sind private Fotografien zu sehen.

Johann Danböck (1883, Hütting – 1962, München) war Kaufmann und fotografierte privat zwischen den 1910er-1950er Jahren. Er hinterließ drei Fotoalben mit selbstaufgenommenen und gesammelten Ansichten Münchens, die zum Teil kommerziell vertriebene Bildpostkarten wurden.

Gipsabgüsse in der zerstörten Akademie München, Winter 1945/46.
Gipsabgüsse in der zerstörten Akademie München, Winter 1945/46. © Münchner Stadtmuseum © Herbert List Estate, Hamburg Germany

Helmut Silchmüller (1906, Brandenburg – 1980, München), Optiker und Fotograf, betrieb von 1934 bis 1970 ein Geschäft in der Hohenzollernstraße 17. Sein fotografisches Werk umfasst vorwiegend Stadtansichten vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, Produktaufnahmen und Landschafts- und Stadtansichten.

Im Bombenhagel: Fotografien der brennenden Stadt von den Frauentürmen hinunter

Das Herzstück der Ausstellung ist ein Zyklus von Ruinenbildern, die Herbert List, der 1945 nach München zurückkehrte, auf seinen Streifzügen durch die zerstörte Stadt festhielt. Sie zeigen markante Darstellungen des alten und neuen Rathauses und prominente Bauten wie das ehemalige Braune Haus, die Glyptothek, die Akademie, den Hofgarten, die Frauenkirche, den Marstall und das Wittelsbacher Palais. Auch zerstörte Plastiken und Skulpturen sind im öffentlichen Raum in Szene gesetzt.

Eine Echtfotopostkarte von Helmut Silchmüller zeigt das Palais Wittelsbach, München 1945.
Eine Echtfotopostkarte von Helmut Silchmüller zeigt das Palais Wittelsbach, München 1945. © Münchner Stadtmuseum

Die Serie ist in der Ausstellung zum ersten Mal seit 1995 zu sehen. Ihre jetzige Präsentation stellt Lists berührendes Stadtporträt mit weiteren Aufnahmen von Amateuren und professionellen, im Auftrag entstandenen Postkarten und Bildberichten gegenüber.

Zu den eindrücklichsten Exponaten gehören Dias des Turmbeobachters Clemens Bergmann, der im Bombenhagel der Kriegszeit von den Frauentürmen die brennende Stadt fotografierte. Helmut Silchmüller vertrieb Trümmeransichten prägnanter Monumente und Straßenzüge als Postkarten kommerziell, ein weiteres Set an Dias zeigt Wiederaufbau und Alltag Münchens 1947 in Farbe.

Clemens Bergmann fotografierte heimlich, meist von der Frauenkirche. Hier das Neue Rathaus vor brennender Stadt, 1943/1944, Farbdia.
Clemens Bergmann fotografierte heimlich, meist von der Frauenkirche. Hier das Neue Rathaus vor brennender Stadt, 1943/1944, Farbdia. © Münchner Stadtmuseum

Zuletzt thematisieren Amateur-Fotoalben des Kaufmanns Johann Danböck den editorischen Umgang mit gekauften und selbstaufgenommenen Bildern vor und nach der Zerstörung der Stadt.

Im Kontrast dazu wird Lists besonderer Ansatz deutlich: Er war weniger an einer sachlichen Dokumentation der Zerstörung interessiert, sondern widmete sich überzeitlichen künstlerischen Kompositionen.

Dieses Spannungsfeld zwischen stadthistorischer Dokumentation und fotokünstlerischem Werk greift die Ausstellung auf. Neben den präsentierten Fotoalben, Dias und gerahmten Kunstwerken bieten Displays eine alternative, topografische Lektüre der Bilder, die einem Spaziergang durch die Stadt München nach 1945 gleicht. 


Eröffnung am 20.11., 19 Uhr Ausstellung: 21.11.- 17.12.25, Rathausgalerie, Marienplatz 8. Eintritt frei. Barrierefrei

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.