60 Millionen für 700 Meter – lohnt sich diese Tram-Linie in München noch?

Schon vor zwei Jahren wollten die Stadtwerke eine neue Tram-Linie zum Bahnhof Johanneskirchen bauen. Jetzt ist klar: Der Baustart verzögert sich weiter. Kritiker meinen: Die Stadtwerke haben einen großen Fehler gemacht.
von  Christina Hertel
So soll einmal die Haltestelle an der Freischützstraße aussehen. Doch ob sie jemals gebaut wird? Sicher ist das noch nicht.
So soll einmal die Haltestelle an der Freischützstraße aussehen. Doch ob sie jemals gebaut wird? Sicher ist das noch nicht. © MVG

Im Herbst 2023 hätte alles losgehen sollen. Damals wollte die MVG mit dem Bau der neuen Tram zum Bahnhof in Johanneskirchen beginnen. Doch weil die Genehmigung fehlte, stoppte die Regierung von Oberbayern die Baustelle. Heute, zwei Jahre später, ist die MVG offensichtlich keinen Schritt weiter. Eigentlich hätte am Freitagvormittag ein Erörterungstermin stattfinden sollen. Dieser ist ein wichtiger Bestandteil eines Planfeststellungsverfahrens, bei dem alle Beteiligten Einwände und Stellungnahmen diskutieren. Erst wenn die Regierung von Oberbayern den Planfeststellungsbescheid erteilt hat, kann der Bau losgehen. Doch sie sagte den Termin am Donnerstag kurzfristig ab.

Der MVG seien keine Gründe mitgeteilt worden, sagte ein Sprecher der AZ. "Für uns kam die Absage überraschend.“ Laut der Regierung von Oberbayern sei der Termin wegen neuer Informationen, insbesondere neuer Gutachten (etwa zum Lärmschutz und Verkehrsprognosen) abgesagt worden.

Haben die Stadtwerke einen Fehler gemacht?

Zuvor hatten der örtliche CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper und sein Anwalt Benno Ziegler darauf gepocht, dass der Termin abgesagt wird. Beide kämpfen von Anfang an gegen das Projekt. Der Abgeordnete und der Anwalt hatten bei der Regierung moniert, dass die Stadtwerke lückenhafte Verkehrsgutachten vorgelegt hätten. Erst am Montag hätten die Stadtwerke (zu denen die MVG gehört) ihnen ein neues Verkehrskonzept zukommen lassen, sagt Rechtsanwalt Ziegler. Es sei nicht möglich, das innerhalb weniger Tage zu prüfen.

Ziegler ist überzeugt, dass die Stadtwerke bei ihrem Antrag für die Tram einen grundsätzlichen Fehler gemacht haben: Eigentlich sollte die Tram zum Bahnhof Johanneskirchen nur ein kleiner Abschnitt der rund 13 Kilometer langen Tram-Nordtagente sein. Doch die wird wohl nie gebaut. Der Freistaat stoppte den Abschnitt durch den Englischen Garten. Die Stadt verabschiedete sich danach von dem Abschnitt durch Schwabing. Übrig bleiben die 700 Meter in Johanneskirchen. Rechtsanwalt Ziegler ist überzeugt, dass die Stadtwerke dafür einen komplett neuen Antrag mit neuen Fahrgastprognosen hätten einreichen müssen. Doch das sei nicht geschehen.

Ein MVG-Sprecher bestätigt, dass bei den Fahrgastprognosen noch immer die längere Tram-Nordtangente die Grundlage ist. Allerdings habe die Regierung nie darauf hingewiesen, dass die Stadtwerke einen ganz neuen Antrag stellen müssten.

"Das ist ein Stück Tram, das München gut brauchen kann"

"Es ist nur noch peinlich“, sagt CSU-Stadtrat Fabian Ewald. Er findet ebenso wie Brannekämper, dass die Stadt die 60 Millionen für die 700 Meter lange Strecke an anderer Stelle besser investieren könnte. Mit einer Anfrage will er nun herausfinden, welche Fehler die Stadtwerke in dem Verfahren gemacht haben.

Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher bleibt dabei: "Das ist ein Stück Tram, das München gut brauchen kann.“ Schließlich würden sich die Fahrgastzahlen im Vergleich zum Bus um 50 Prozent erhöhen. Er weist außerdem darauf hin, dass die Regierung von Oberbayern schließlich eine von der CSU dominierte Behörde sei: "Ich weiß nicht, wie neutral die ist.“

"Man könnte vermuten, dass auch politische Interessen hinter der Absage stecken“, sagt auch SPD-Chefin Anne Hübner. Ein uneingeschränktes Bekenntnis zu der Tram Johanneskirchen erteilt sie allerdings nicht: "Am Ende muss der Stadtrat im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten entscheiden.“ Und damit der Stadtrat abwägen kann, sei es wichtig, die Planungen zu beenden.

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