365 Jobs in Gefahr: Traditionsbetrieb aus München kämpft ums Überleben

Die Arbeiten an dem Münchner Wahrzeichen sollen eigentlich bis Februar 2027 beendet sein. Doch die Stadtwerke (SWM) schließen Verzögerungen nicht aus. Denn ein beteiligtes Traditionsunternehmen ist in die Insolvenz geschlittert. Die Hintergründe.
Nina Job
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Wird derzeit saniert: der Olympiaturm.
Wird derzeit saniert: der Olympiaturm. © Sven Hoppe

Seit Juni 2024 ist Münchens höchstes Gebäude geschlossen: Der 291 Meter hohe Olympiaturm wird saniert. Im Februar 2027 soll das Münchner Wahrzeichen wieder für Besucher öffnen: mit neuen Aufzügen, moderner Brandschutzanlage, neuester Technik im ganzen Turm. Auch die Fassade bekommt eine Frischzellenkur.

Auftraggeber für die Sanierung sind die Stadtwerke München (SWM), sie sind im Olympiapark für die technische Instandhaltung zuständig und betreuen die dortigen Sanierungsprojekte.

Beeindruckend: der Blick vom Olympiaturm auf den Olympiapark.
Beeindruckend: der Blick vom Olympiaturm auf den Olympiapark. © IMAGO/Björn Trotzki

An dem Olympiaturm-Projekt beteiligt ist auch ein mehr als 120 Jahre altes Traditionsunternehmen aus Unterföhring: die Claus Heinemann Elektroanlagen GmbH (gegründet 1902). Die mittelständische Spezialfirma hat viele bekannte Münchner Gebäude mit modernster Elektrik und Brandmeldeanlagen ausgestattet und dafür gesorgt, dass Dateninfrastruktur und Beleuchtung funktionieren.

Zu den namhaftesten Projekten in und um München gehören der SAP Garden, der Terminal 2 des Flughafens, die Motorworld München, die Paulaner Brauerei in Langwied oder auch der Paulaner am Nockherberg, die Schrannenhalle sowie die beiden Wiesnzelte Bräurosl und Hackerzelt. Ein riesiges Kühllager für Amazon war ebenfalls dabei.

2021 gründete die Firma aus Unterföhring noch einen neuen Geschäftszweig. Mit der Marke Chargeone bietet Heinemann seitdem auch die Planung, Installation und den Betrieb von E-Ladeinfrastruktur für Unternehmen an.

365 Mitarbeiter sind betroffen

Doch nun ist das Unternehmen ins Straucheln geraten. Ende November musste die Claus Heinemann Elektroanlagen Gesellschaft beim Amtsgericht vorläufige Insolvenz anmelden. Sie versucht nun, sich selbst zu sanieren. Die 365 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bekommen in den kommenden drei Monaten Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit.

Hintergrund für die finanzielle Schieflage sind laut einer Mitteilung von Heinemann vor allem die "aktuelle konjunkturell bedingt herausfordernde Marktlage sowie erhebliche Investitionen in den Aufbau eines neuen Geschäftsfeldes“. Verzögerungen in diesem Bereich hätten nur schwer aufgefangen werden können. "Zudem hat sich der bereits angestoßene Verkaufsprozess für dieses Geschäftsfeld deutlich länger hingezogen als ursprünglich erwartet, heißt es weiter.

Auch am Bau der Multifunktionsarena SAP Garden war die Traditionsfirma Heinemann beteiligt.
Auch am Bau der Multifunktionsarena SAP Garden war die Traditionsfirma Heinemann beteiligt. © IMAGO/Sandra Altkuckatz

Die Firma will sich nun in sogenannter Eigenverwaltung wieder aus der Krise herausmanövrieren.
Während in einer Regelinsolvenz ein externer Insolvenzverwalter die Leitung und Kontrolle der Firma übernimmt, können Unternehmer bei einer Eigenverwaltung normalerweise weiterhin die Geschicke der Firma leiten und aktiv an der Sanierung mitwirken. Als Voraussetzung für eine Eigenverwaltung gilt ein stabiles Geschäftsmodell und das Vertrauen der Gläubiger.

Die bisherigen Geschäftsführer bei Heinemann Elektroanlagen wurden allerdings sofort ausgetauscht. Neu benannt wurden zwei Rechtsanwälte mit Restrukturierungserfahrung: Georg Bernsau und Nadja Raiß. Der Dritte in der Geschäftsführung ist der bisherige Generalbevollmächtigte der Firma, Peter Krumhof. Er ist nun kaufmännischer Leiter.

Was nun geplant wird 

Als Sachwalter hat das Gericht den Diplom-Kaufmann und Insolvenzverwalter Max Liebig bestimmt. Seine Aufgabe ist es, den Sanierungskurs zu unterstützen und die Gläubigerinteressen zu wahren. Anwältin Nadja Raiß: "Gemeinsam mit allen Beteiligten arbeiten wir daran, das Unternehmen in eine stabile und nachhaltige Zukunft zu führen."

Geplant ist nun, den Verkauf des jüngsten Geschäftsfeldes neu anzuschieben. Gesucht werden finanzstarke Investoren, "die in das Unternehmen einsteigen und es weiterentwickeln wollen".

Auswirkungen auf den Fertigstellungstermin sind nicht auszuschließen.

Welche Folgen die schwierige Situation der Elektrofirma für das laufende Projekt Olympiaturm hat, können die Stadtwerke derzeit noch nicht sagen. SWM-Sprecher Christian Miehling zur AZ: "Aktuell werden von der Firma noch Leistungen erbracht. Sollte sich diese Situation ändern, sind Auswirkungen auf den Bauablauf und den Fertigstellungstermin nicht auszuschließen."

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  • Wendeltreppe vor 3 Stunden / Bewertung:

    Das "neue" Geschäftsfeld und -soviel man aus dem Artikel "herauslesen" kann- der Grund für die Misere scheint "Chargeone" zu sein. Mit der E-Mobilität hapert es doch nach wie vor (!) hinten und vorne und das gewaltig. Da ändert auch das schönreden gewisser Kreise nichts daran.

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  • Der wahre tscharlie vor einer Stunde / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Wendeltreppe

    Naja, wenn gewisse Politiker ständig auf den Verbrenner setzen, statt mal Werbung für die E-Mobiltät zu machen, wird das nie was gscheites mit der E-Mobiltät.
    In China wurde schon auf E-Mobilität gesetzt, da hat die Autoindustrie bei uns Millionen zahlen müssen wg. des Dieselskandals.

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  • Da Ding vor 40 Minuten / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Wendeltreppe

    Wäre interessant zu erfahren wo genau es bei der Elektromobilität „noch gewaltig“ hapert.

    Ja, diese Firmen mit ihrem modernen Zeug.
    Am Besten wäre diese Firma vermutlich gefahren wenn sie bei Installationen, ganz wie zu ihrer Gründung üblich, weiterhin auf Schutzerde, Nullung oder gar auf RCD/FI verzichtet hätte.

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