33 Monate Haft für U-Bahn-Schubser - zu milde?

Zwei Jahre und neun Monate muss Ludwig D. wegen gefährlicher Körperverletzung absitzen. Die Eltern des Opfers sind enttäuscht über das Urteil.
von  Abendzeitung
U-Bahn-Schubser Schubser Ludwig D. verhüllt sein Gesicht
U-Bahn-Schubser Schubser Ludwig D. verhüllt sein Gesicht © Gregor Feindt

MÜNCHEN - Zwei Jahre und neun Monate muss Ludwig D. wegen gefährlicher Körperverletzung absitzen. Die Eltern des Opfers sind enttäuscht über das Urteil.

Versteinert und mit hochrotem Kopf steht Rentner Ludwig D. (70), der als U-Bahn-Schubser bundesweit für Schlagzeilen sorgte, im Münchner Schwurgerichtssaal 101, als der Vorsitzende Richter Manfred Götzl das Urteil verkündet: „Der Angeklagte wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.“

Fragend blickt er zu seinem Strafverteidiger Peter Guttmann. Ihm ist anscheinend noch nicht richtig bewusst, dass der schwere Vorwurf des Mordversuchs (Höchststrafe lebenslänglich) vom Tisch ist.

Rückblick: Am 2. Juni 2008, gegen 14.20 Uhr, schubste der Angeklagte die Schülerin Dimitra T. (damals 13), als die U3 an der Haltestelle Petuelring einfuhr. Wie berichtet, fiel sie zwischen die zusammengekoppelten Waggons. Dabei prallte sie mit Kopf und Armen gegen die gewölbte Scheibe des Führerhauses des ersten Zugteils, schlug dann auf Scheibe des nachfolgenden Zugteils und wurde auf den Bahnsteig zurückgeschleudert. Hätte der Stoß eine Zehntelsekunde später stattgefunden, wäre das Mädchen zwischen die Waggons auf die Gleise gestürzt. Durch ein Wunder kam sie mit einer Beule und Schrammen davon. Motiv: Er war verärgert über die tobenden Schüler.

Die Eltern finden das Urteil "viel zu milde"

Für die Eltern des Mädchens ist das Urteil ein Schlag ins Gesicht: „Das Urteil ist viel zu milde.“ Obwohl ihre Tochter Dimitra, der es heute gut geht, nicht wollte, dass der „alte Mann hart bestraft wird“. Die Eltern, vertreten durch Anwalt Dominik Matschl, sagen: „Sie hat nicht begriffen, in was für einer Gefahr sie war. Sie hätte tot sein können.“ Deshalb hatte Staatsanwalt Laurent Lafleur auch auf Mordversuch plädiert und fünf Jahre Haft gefordert.

Die Schwurgerichtskammer hat aber den „bedingten Tötungsvorsatz“ verneint. Ein „Tötungsvorsatz“ hätte vorgelegen, wenn der Angeklagte das Mädchen vor die einfahrende U-Bahn geschubst hätte. Aber: „Der Angeklagte sah in Richtung Opfer, sah nicht die Lücke (Waggonabstand, die Red.), als er den Entschluss fasste, das Mädchen zu stoßen“, sagt der Vorsitzende Richter Manfred Götzl.

Rein rechnerisch, wenn die Strafvollstreckungkammer aufgrund des hohen Alters eine Halbstrafe vorsieht, könnte der Angeklagte nach sechs Monaten und 15 Tagen seine Zellen verlassen. Da ihm noch die U-Haft (zirka acht Monate) angerechnet wird, wäre er theoretisch kurz vor Weihnachten 2009 wieder auf freiem Fuß. Oberstaatsanwalt Anton Winkler, Sprecher der Staatsanwaltschaft: „Wir prüfen, ob wir in Revision gehen.“

Guttmann, der eine Bewährungsstrafe gefordert hatte, kann mit dem Urteil leben: „Für mich war es von Anfang an kein Tötungsdelikt.“ Ludwig D. weinte, wischte sich die Tränen aus den Augen, als er in seine Zelle geführt wurde.

Torsten Huber

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.