3. Startbahn: Münchner "verleihen" ihre Stimme

Solidarität mit dem nördlichen Umland: Bei der Aktion „Meine Münchner Stimme“ können Städter ihre Stimme einem Flughafen-Anwohner übertragen – rein symbolisch.
Julia Lenders |
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Links: Kerstin Bergbauer und Bürgermeister Hep Monatzeder leihen ihre Stimme den Nachbarn aus dem Münchner Umland. Rechts: Freisings OB Tobias Eschenbacher (links) und der Karlsfelder Adrian Heim dürfen selbst nicht abstimmen. Das erledigen andere für sie.
privat Links: Kerstin Bergbauer und Bürgermeister Hep Monatzeder leihen ihre Stimme den Nachbarn aus dem Münchner Umland. Rechts: Freisings OB Tobias Eschenbacher (links) und der Karlsfelder Adrian Heim dürfen selbst nicht abstimmen. Das erledigen andere für sie.

Solidarität mit dem nördlichen Umland: Bei der Aktion „Meine Münchner Stimme“ können Städter ihre Stimme einem Flughafen-Anwohner übertragen – rein symbolisch natürlich.

München - Kerstin Bergbauer (31) und Adrian Heim (48) haben sich noch nie gesehen. Trotzdem sind sie ein Paar. Rein platonisch – oder besser formuliert: rein projektbezogen. Sie sind eines von 868 „Pärchen“, die sich bis gestern Nachmittag über die Aktion „Meine Münchner Stimme“ gefunden haben.

Was steckt dahinter? Am übernächsten Sonntag ist der Bürgerentscheid über die dritte Startbahn. Soll sie gebaut werden? Darüber dürfen nur die Münchner abstimmen. Die Bürger aus dem Umland, die von den Auswirkungen der Bahn viel stärker betroffen wären, haben kein Stimmrecht. Der Hintergrund: Die Stadt München ist, gemeinsam mit Bund und Land, Gesellschafterin am Flughafen. Sie kann den Startbahnbau absegnen oder verhindern – je nach Abstimmungsergebnis. Weil alle drei Eigentümer neue Baumaßnahmen einstimmig beschließen müssen.

Deshalb sind jetzt die Münchner gefragt. Und deshalb gibt es jetzt die Internetseite www.meine-muenchner-stimme.de. Helga Stieglmeier vom Startbahngegner-Aktionsbündnis AufgeMUCkt sagt: „Die Idee wurde geboren, weil ganz viele Betroffene aus dem Umland verärgert waren, dass sie nicht abstimmen dürfen.“ In dem Forum, das daraufhin gegründet wurde, können Münchner den Umland-Nachbarn ihre Stimme gegen die Startbahn versprechen. Als Zeichen der Solidarität unter Startbahngegnern. Denn freilich sind es nur solche, die bei der Initiative mitmachen.

Auch ein prominentes „Paar“ hat sich dort zusammengefunden. Der grüne Bürgermeister Hep Monatzeder ist die Münchner Stimme von Freisings OB Tobias Eschenbacher. Heute wollen sie ihre Übereinkunft per Handschlag besiegeln. Dazu sind Kerstin Bergbauer und Adrian Heim noch nicht gekommen.

Wobei beide nicht abgeneigt sind, sich einmal zu treffen. Vielleicht lädt die Familie Heim die Bergbauers mal nach Karlsfeld in ihr Reihenhäuschen mit Garten ein. „Bei schönem Wetter und Ostwindlage“, sagt Diplom-Ingenieur Heim – denn dann seien die Flieger am lautesten. „Wenn’s blöd läuft, ist man am Wochenende um kurz vor sechs Uhr wach“, berichtet der Familienvater. Schon heute. Deshalb ist er auch gegen die neue Startbahn. „Es geht um die Lebensqualität im Münchner Norden.“ Mit der Aktion könnten die Menschen aus dem Umland den Münchnern sagen: „Bitte denkt nicht nur an euren nächsten Urlaub. Sondern auch an die Leute, die die Lasten tragen.“

Kerstin Bergbauer findet es schade, dass die Betroffenen nicht mitstimmen dürfen. Deshalb leiht sie Herrn Heim symbolisch ihre Stimme. „Ich sehe den Bedarf für das Bauprojekt nicht“, sagt die 31-Jährige aus Berg am Laim. Sie sei oft am Airport draußen, weil ihr Mann dort arbeitet. „Nachmittags ist an den Gates tote Hose“, sagt Bergbauer, die selbst als kaufmännische Leiterin in einer Firma arbeitet. Für sie ist die dritte Bahn bloß ein „Prestige-Projekt“. Eines, bei dem zu Befürchten stehe, dass der Steuerzahler am Ende mitbezahlen müsse.

Freilich wird allein die Aktion „Meine Münchner Stimme“ nicht entscheidend sein beim Entscheid – die 868 versprochenen Stimmen werden nicht reichen, um die Startbahn zu verhindern. Helga Stieglmeier vom Bündnis „AufgeMUCkt“ weiß: „Wir müssen um jede Stimme kämpfen.“

 

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