20 Millionen für Hellabrunn: Tierpark der Zukunft
MÜNCHEN Zum Beispiel die „Mesopotamischen Damhirsche”. Die leben derzeit im Parkteil Europa. Was natürlich, rein geographisch betrachtet, Blödsinn ist.
In freier Wildbahn kommen diese Hirsche in einem kleinen Gebiet zwischen dem Iran und Irak vor. Nicht nur sie – auch viele andere Tiere sind im Tierpark Hellabrunn nicht dem Erdteil zugeordnet, aus dem sie stammen. Doch das soll sich jetzt ändern. Wie vieles andere im Zoo. Wie sieht Hellabrunn im Jahr 2020 aus? Gestern hat der Tierpark seine Pläne vorgestellt.
Neue Ordnung: Geozoo heißt es, wenn ein Tierpark seine Bewohner nach geographischen Gesichtspunkten präsentiert. Hellabrunn wurde als erster Geozoo der Welt konzipiert. Die Besucher sollen dort, an der Isar, quasi einmal um die Welt reisen können. Von Kontinent zu Kontinent. Doch inzwischen ist das Prinzip aufgeweicht worden – siehe die mesopotamischen Damhirsche. Nur noch etwa die Hälfte des Parks entspricht den Kriterien. Jetzt will der Zoo sich neu sortieren. Neben den Erdteilen soll es noch eine „Welt der Affen” und die „Polarwelt” geben.
Besucherströme: Erst gestern bildeten sich am Isar-Eingang wieder lange Warte-Schlangen. Schon seit Jahren meldet Hellabrunn Besucherrekorde. Zuletzt waren es 1,8 Millionen im Jahr. So weit, so erfreulich für die Zoo-Verantwortlichen. Was sie aber nicht zufrieden stellt: Viele lassen ein ganzes Areal des Parks links liegen. „Die Tierarten, die für die Besucher wichtig sind, liegen derzeit alle an einer Achse”, erklärt Zoodirektor Andreas Knieriem. Jetzt sollen die Highlights gleichmäßig auf der 40 Hektar großen Fläche verteilt werden.
Umzüge: Für viele Tiere heißt das Ganze: Sie ziehen um. So soll die Löwenanlage in Zukunft von Rotgesichtsmakaken und Kurzkrallenottern bevölkert werden. Und die Löwen könnten wiederum dahin verlegt werden, wo jetzt die Bärin lebt.
Gebäude: Viele Anlagen und Bauten müssen saniert werden. Der Spatenstich für ein neues Giraffenhaus ist am 9. Mai. 2013 werden die langhälsigen Tiere ihr neues Domizil beziehen. Dort sollen Besucher den Giraffen künftig auch auf Augenhöhe begegnen können. Bis Ende 2014 soll dann auch Hellabrunns Wahrzeichen, das denkmalgeschützte Elefantenhaus, in neuem Glanz erstrahlen. Grundsätzlich gilt laut Andreas Knieriem: „Wir wollen keine teuren Gebäude mehr bauen. Das können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten.” Hellabrunn habe schon prominente Bauten. Was noch hinzukomme, solle sich in die Landschaft einfügen.
Diverse Stallungen müssen auf Vordermann gebracht werden. Um noch einmal auf die Mesopotamischen Damhirsche zu kommen: Die leben derzeit in einem Pferde-Lazarett aus dem Zweiten Weltkrieg. „Das Holz sieht dort aus wie Luftschokolade”, sagt Knieriem. Zur Dauerbaustelle soll der Zoo aber nicht werden. „Wir müssen darauf achten, dass wir nicht fünf Baustellen gleichzeitig haben”, verspricht Aufsichtsrats-Chefin Christine Strobl.
Neue Attraktionen: Innerhalb der nächsten Jahre soll ein Baumwipfelpfad entstehen, der Besucher zu den Kronen führt. Der Kindertierpark wird langfristig in einen Mühlenbauernhof umgewandelt. Christine Strobl träumt schon laut von Hellabrunner Käse. Dafür ist mit dem Pferdereiten für Kinder Schluss. Aus ethischen Gründen, heißt es.
Parksituation: Gerne würde der Tierpark bis Ende 2014 ein Parkhaus bauen – in Frage käme dafür zum Beispiel die Parkplatz-Fläche an der Siebenbrunner Straße. Die Verhandlungen mit anderen städtischen Stellen laufen.
Finanzierung: Rund 15 bis 20 Millionen Euro sollen all diese Vorhaben in den nächsten zehn Jahren kosten. Der Tierpark traut sich zu, das aus Rücklagen zu finanzieren. Die Sanierung des Elefantenhauses ist allerdings nicht eingerechnet. Dafür hat die Stadt 15 Millionen zugesichert. Knieriem: „Wir sind auf Spenden und Erbschaften angewiesen.”
Charakter: „Tradition hat Zukunft”, lautet der Leitsatz in Hellabrunn. Der Zoo will sich nicht neu erfinden. Bürgermeisterin Strobl sagt: „Wir wollen hier kein Disneyland draus machen.”Julia Lenders
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