12 000 Euro weg! Jetzt schröpft Müller-Brot die Pächter

Die rund 160 Filialpächter sind verzweifelt – und stinksauer. Die Händler sehen von ihrer Kaution keinen Cent wieder, weil die Skandal-Bäckerei ihr Geld einfach verjubelt hat.
Thomas Gautier |
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(Fast)am Ende: Oliver Deringer und seine Frau Dulni haben die Müller-Filiale in Solln gepachtet.
Gregor Feindt (Fast)am Ende: Oliver Deringer und seine Frau Dulni haben die Müller-Filiale in Solln gepachtet.

Seine Stimme ist matter geworden. Sein Zorn dafür umso größer. Oliver Deringer steht am Sonntag in seiner Müller-Brot-Filiale, und wieder steht er da fast ganz alleine.

MÜNCHEN/NEUFAHRN - Seit Wochen kommen kaum noch Kunden. Und jetzt hat Deringer auch sein ganzes Geld verloren – weil Müller-Brot es verjubelt hat.

Der Pächter der Filiale in der Frans-Hals-Straße in Solln ist verzweifelt, aber auch stinksauer, das hört man ihm an. Sein österreichischer Akzent ist besser zu hören, im Dialekt schimpft es sich leichter. „Ich fühle mich betrogen“, sagt Deringer. „Unser ganzes Geld ist weg!“

Damit meint der 42-Jährige die 10 000 Euro, die er vor 14 Monaten Müller-Brot übergeben hat – als Kaution für die Filiale und die Einrichtung. „Die Leute, mit denen wir verhandelt haben, haben uns mehrfach versichert, dass das Geld auf ein Extra-Konto kommt und sicher ist“, sagt Deringer. „Auch bei einer Insolvenz.“

Genau das ist eben nicht passiert. Am Samstag trafen sich die 160 Filialpächter von Müller-Brot im Gasthaus Hepting in Massenhausen (Kreis Freising) mit dem Insolvenzverwalter Hubert Ampferl – die Geschäftsführer Stefan Huhn und Klaus-Dieter Ostendorf waren gar nicht erst gekommen.

„Der Insolvenzverwalter hat gesagt: ,Was glauben Sie, wo die Gelder sind? Die sind weg!’“, erzählt Deringer, noch immer klingt er fassungslos. Im Schnitt habe jeder Pächter 12<TH>000 Euro Sicherheitsleistung gezahlt – die er wohl nie wieder sehen wird. Kunden weg, Kohle weg: Müller schröpft die Pächter!

„Manche sind ausgeflippt, wären am liebsten handgreiflich geworden“, sagt Deringer. „Die meisten aber waren einfach sprachlos – so wie ich.“

Da halfen auch Ampferls Zugeständnisse nichts: „Wir bekommen weiter Ware“, sagt Deringer. „Die müssen wir weiter bezahlen – dafür haben sie uns die Pachtzahlungen erlassen. Aber das hilft keinem, denn die könnten wir bei den jetzigen Umsätzen eh nicht erwirtschaften.“

Bei ihm sei der Umsatz seit dem Hygiene-Skandal um 60 Prozent eingebrochen, „statt 700 Euro am Tag machen wir nur noch 250 Euro.“ Andere Franchisenehmer sprechen gar von 80 Prozent Umsatzrückgang.

Das Schlimme: Die Situation wird jeden Tag hoffnungsloser. Die Zentralbäckerei in Neufahrn ist immer noch gesperrt. Am vergangenen Freitag fanden Lebensmittelkontrolleure laut Landratsamt Freising bei einer Begehung wieder Mäuse, Kakerlaken und Käfer in den Produktionshallen – und das, obwohl im Werk wochenlang Tag und Nacht geputzt worden war (AZ berichtete).

Insolvenzverwalter Hubert Ampferl sagt: „Wir haben kaum noch Liquidität“. Er will Müller-Brot jetzt verkaufen – doch ob irgendjemand die Firma mit dem Ekel-Ruf haben will, ist mehr als zweifelhaft. Erst morgen will Ampferl in einer öffentlichen Erklärung sagen, wie es weitergehen soll.

Oliver Deringer hat sich jetzt einen Anwalt genommen, er will wenigstens versuchen, einen Teil seines Geldes zurückzubekommen. Große Hoffnungen macht er sich jedoch nicht. „Die Gelder, die Müller-Brot noch kriegt, die gehen direkt an die Banken. Wir kleinen Pächter kriegen’s doch als Letzte.“

Der Hygiene-Skandal habe ihn zusammengerechnet schon 20<TH>000 Euro gekostet, sagt Deringer. Wie es mit solchen katastrophalen Zahlen weitergehen soll, weiß er nicht. „In zwei Wochen bekommen meine Frau und ich ein Kind“, sagt er. „Darauf sollte ich mich jetzt eigentlich freuen – aber so richtig klappt das gerade nicht.“

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