11.September: Kronzeuge streitet mit Münchner Rück vor Gericht

Norbert P. versicherte das World Trade Center und sagt, er habe nach den Anschlägen vom 11. September der Münchner Rück Zahlungen von rund einer Milliarde Dollar erspart. Jetzt kämpft er vor Gericht um Geld und um Anerkennung.
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Terroranschlag auf das World Trade Center: Die Münchner Rück hatte den Bau versichert.
dpa Terroranschlag auf das World Trade Center: Die Münchner Rück hatte den Bau versichert.

Norbert P. versicherte das World Trade Center und sagt, er habe nach den Anschlägen vom 11. September der Münchner Rück Zahlungen von rund einer Milliarde Dollar erspart. Jetzt kämpft er vor Gericht um Geld und um Anerkennung.

Norbert P. (34) hat seinem Arbeitgeber eine Milliarde Dollar gespart. Jetzt will er selbst sein Geld zurück. Der Versicherungsmakler aus Olching fordert am Montag vor dem Arbeitsgericht 130000 Euro an Steuern und Sozialabgaben von der Münchner Rück. Eine Entschuldigung will er auch: „Ich fühle mich verraten.“

So kam es dazu: Im August 2001 schließt Norbert P. als „Lead Underwriter“ für die Londoner Versicherung Great Lakes, eine 100-prozentige Münchner Rück-Tochter, einen Mega-Deal ab: Er versichert das World Trade Center in New York. Bei einem Terroranschlag sollte Pächter Larry Silverstein eine Milliarde Dollar bekommen, für die letzten Endes die Münchner Rück als Rückversicherer haften müsste. Dafür zahlt Silverstein 100 Millionen Dollar Jahresprämie. Ein richtig gutes Geschäft.

Zum 31. August hört Norbert P. auf. Seine Mutter ist schwer krank, er hilft seinem Vater in Olching. Neun Tage später, am 11. September, rasen Terroristen mit Flugzeugen ins World Trade Center. Die Türme brechen ein, Flammen, Rauch, Panik. Über 3000 Menschen sterben. Plötzlich ruft Great Lakes an: Silverstein verlangt zwei Milliarden – zwei Maschinen, zwei Anschläge, zwei Milliarden.

Die Münchner Rück sieht das nicht ein. Sie schickt Norbert P. als Kronzeuge zum Prozess nach New York. Er wird über einen Zeitraum von drei Jahren mehrmals von den Anwälten in London trainiert: Jede Geste, jede Mimik, jeder Tonfall muss sitzen. Seine Aussage bringt die Entscheidung. Die Münchner Rück gewinnt.

Norbert P. bekommt für den Prozess und die Trainingsstunden eine Aufwandsentschädigung – Abgaben und Steuern übernimmt die Münchner Rück nicht. Argument: Norbert P. war selbstständig, kein Angestellter. Norbert P.‘s Anwalt Markus Schollmeyer ist anderer Ansicht: „Er bekam feste Trainingszeiten und -orte vorgegeben“, sagt Schollmeyer. „Mein Mandant war weisungsgebunden und damit Angestellter.“ Die Münchner Rück sagt dazu: „Die Argumentation ist für uns juristisch nicht nachvollziehbar. Die Klärung des Sachverhalts obliegt dem Gericht."

Der jahrelange Streit hat Norbert P. sehr zugesetzt. Er ist nervös, schluckt Magentabletten. Seit 2002 kämpft der Olchinger um sein Geld und um Anerkennung. „Ich bin unsagbar wütend“, sagt er, „und enttäuscht: Ich habe von 1988 bis 2001 für die Münchner Rück gearbeitet. Ich habe ihnen eine Milliarde Dollar erspart. Aber ich habe nie ein Dankeschön bekommen.“

Heute bereut er es, das Training mitgemacht zu haben. „Es hätte mir eine Menge Ärger erspart.“

Thomas Gautier

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