100 Jahre altes Haus könnte abgerissen werden: Ein Zeugnis des fast verschwundenen Milbertshofen

Milbertshofen - Schöne Fassaden, alte Häuser, Spuren eines alten München - in der AZ geht es immer wieder um diese Themen. Und auch viele unserer Leser und Leserinnen können sich dafür begeistern.
AZ-Leserin macht auf dieses prachtvolle Haus aufmerksam
So schrieb uns kürzlich eine Schwabinger Leserin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen mag: "Bei einem Spaziergang sah ich durch Zufall dieses Haus in der Schleißheimer Straße 314. Es ist ein Prachtexemplar, allerdings wohl bis auf den Laden im Erdgeschoss leer." Sie schwärmt: "Die Fenster, das Treppenhaus - alles im Originalzustand sogar das alte Hausnummernschild."
Tatsächlich, das vergleichsweise kleine Haus, eingerahmt von neueren Blöcken späterer Jahrzehnte, sticht aus der Häuserzeile heraus. Hier im Norden der Schleißheimer Straße ist nicht arg viel historische Bausubstanz erhalten. Dabei reihten sich hier um die Jahrhundertwende neben Fabriken auch viele Prachthäuser der Villensiedlung Riesenfeld aneinander.
AZ-Anfrage beim Planungsreferat: Neubau geplant
In diese Richtung denkt auch die Leserin: "Leider wurden solche Häuser in der Vergangenheit oft abgerissen und ich wollte fragen - bevor es zu spät ist - was mit diesem Haus geplant ist."
Eine nachvollziehbare Frage, die wir gerne weitergeben. Es zeigt sich - die Leserin liegt richtig. Auf Anfrage der AZ erklärt das städtische Planungsreferat, dass zum Jahresanfang 2022 ein Bauantrag für einen "Neubau eines Wohnhauses mit zwölf Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage mit Multiparkern mit elf Stellplätzen und zwei barrierefreien Stellplätzen" eingereicht wurde.
Abriss steht bevor: Wie steht es um den Denkmalschutz?
Wird dieser Bauantrag genehmigt, wird das Haus also abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Wie lange die Bearbeitung des Antrags dauere, sei noch nicht abzusehen, erklärt Planungsreferat-Sprecher Ingo Trömer. Ein Abriss des Hauses sei jedenfalls noch nicht angezeigt worden.
Ein so hübsches Haus einfach abreißen? Gilt denn hier kein Denkmalschutz? Für diese Frage ist das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege zuständig. Dies erklärt auf Anfrage, bisher sei das Gebäude noch nicht auf seine Denkmaleigenschaft geprüft worden.
Denkmalschutz wird durch AZ-Recherche auf das Haus aufmerksam
Aber: Es handle sich hier um einen "zweigeschossigen Mansarddachbau mit Mittelerker, großer Standgaube und klassizisierender Gliederung aus einer Entstehungszeit wohl um 1900/10. Für die bauliche Entwicklung von Milbertshofen als damals noch vorstädtischer Bereich legt es im Zusammenhang mit den weiteren, in der Nähe befindlichen Baudenkmälern Zeugnis ab", so die Auskunft. Und weiter: "Aus den Bauakten der Landeshauptstadt München geht hervor, dass das Wohnhaus mit Laden im Jahr 1913 erbaut wurde. Zumindest an der Fassade ist es noch umfassend aus der Bauzeit überliefert."
Tiefergreifende Informationen könne man erst nach eingehender Prüfung des Gebäudes auf Denkmaleigenschaft und den damit einhergehenden Recherchen zur Historie geben.
Deshalb, so das Landesamt, halte man "die Prüfung der Denkmaleigenschaft für angezeigt und hat sich hierzu an die Landeshauptstadt München gewandt." Tatsächlich sei man durch die AZ-Anfrage auf das Haus aufmerksam geworden.
Genauere Untersuchung des Haus in Milbertshofen steht aus
Das Landesamt wird das Haus also genau untersuchen, wann das passieren wird, ist aber - auch pandemiebedingt - noch nicht klar. Mit der offiziellen Anzeige der Überprüfung habe man aber auch um die Aussetzung aller Verfahren gebeten, heißt es.
So lange also das Ergebnis einer solchen Untersuchung aussteht, kann die Lokalbaukommission die Entscheidung über den Bauantrag aussetzen, erklärt wiederum das Planungsreferat.
Abrissanzeige wird bis zur Untersuchung nicht genehmigt
Sollte in der Zwischenzeit eine Abrissanzeige eingehen, wird diese erst einmal nicht genehmigt. Sollte das Haus tatsächlich unter Denkmalschutz gestellt werden, genügt es nicht mehr, einen Abriss anzuzeigen, dann bräuchte es grundsätzlich eine Genehmigung zum Abriss.
Der Bezirksausschuss Milbertshofen war mit dem Fall übrigens noch nicht befasst, erklärt BA-Chef Fredy Hummel-Haslauer (SPD). Beim BA sei der Bauantrag gerade erst eingegangen. Die Stadtviertelgremien haben bei Bauvorhaben beratende Funktion und können diese befürworten oder ablehnen.
Ob an der Schleißheimer Straße 314 also wirklich abgerissen wird, ist noch nicht entschieden.